Der “Fußballhimmel” ist geschlossen: Die besondere Heimat der SG Blau-Weiß Friedrichshain

Die ganz großen sportlichen Höhenflüge hat die SG Blau-Weiß Friedrichshain in ihrer Geschichte bisher noch nicht stemmen können. Dafür durfte das Team kontinuierlich Höhenluft schnuppern – mitten im Berliner Fußballhimmel. Denn seit 2006 spielte der Verein auf dem Dach des Großhändlers METRO. Doch seit 2021 liegt der Platz wegen eines Wasserschadens brach und der Verein ist derzeit heimatlos.

© Fotos: GOOLAZO BERLIN
Text: Axel Diehlmann

 

Für Berliner Fußballfans in absolut prominenter Lage, für nicht fußballaffine Teile der Bevölkerung kaum wahrnehmbar: Zwischen den S-Bahnhöfen Ostbahnhof und Warschauer Straße liegt der Fußballhimmel des Großhändlers METRO. Die Adresse der Spielstätte “An der Ostbahn” gewährt zwar noch einen kleinen Hinweis auf die stadthistorische Bedeutung, die dem Gelände bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts zukam, aber von der Bedeutung des Schienenverkehrs für die Industriegeschichte Berlins ist im Zentrum nur noch kaum Infrastruktur übrig geblieben. Während für das Reichsbahnausbesserungswerk (RAW) und den Postbahnhof neue kulturelle und gewerbliche Nutzungen gefunden wurden, lag der Stadtraum, in dem heute eigentlich die SG Blau-Weiß Friedrichshain angesiedelt ist, lange brach. Von den Rangier- und Verladeflächen des ehemaligen Kopfbahnhofes des Ostbahnhofs war außer der Weiträumigkeit des Geländes mitten in der Stadt nichts mehr geblieben.

Spätestens seit der Wiedervereinigung und mit Beginn des neuen Jahrtausends rückte das Gelände in unmittelbarer Nähe zur Spree wieder in den Fokus der Stadtentwicklung. Auf der einen Seite der Bahntrasse wurde in den vergangenen Jahren das umstrittene Projekt “Mediaspree” vorangetrieben, während auch auf der nördlichen Seite des Bahndamms weitere Gewerbeimmobilien angesiedelt wurde. Seit fast zwei Jahrzehnten wird dort nun mit Baustoffen und Lebensmitteln gehandelt – und bis vor zwei Jahren eben auch Fußball gespielt.

Der “METRO Fußballhimmel” wurde im Jahr 2006 eröffnet

Seit fast zwanzig Jahren ist die METRO AG inzwischen Besitzer eines der prominentesten Fußballplätze Berlins. Die Eröffnung des “METRO-Fußballhimmels” fiel auf den 29. Juni 2006 und fand somit nur einen Tag vor dem WM-Spiel Deutschland gegen Argentinien statt, als DFB-Torhüter Jens Lehmann seine Einkaufsliste aus seinen Stutzen wickelte. Als der Großhändler das Gelände Anfang der 2000er Jahre pachten wollte, erhielt er von der Bezirksverwaltung die Auflage, den dort vorhandenen Sportplatz in die Planungen zu integrieren. Die Auflage begriffen die Planer in bester Manier als Chance zur Schaffung eines besonderen Ortes. Zur effektiven Ausnutzung des gesamten Grundstücks für die wirtschaftlichen Anforderungen wurde der Sportplatz einfach auf das Dach des Großhandelgebäudes verlegt.

Für die kontinuierliche Nutzung des Fußballplatzes, der sowohl für Betriebsfeiern der METRO als auch von Schulklassen genutzt wurde, erhielt die SG Blau-Weiß Friedrichshain den Zuschlag. Als der Verein Anfang der 2010er Jahre aus der Kreisliga A abstieg und sich in der Mannschaft Auflösungserscheinungen breit machten, drohte die SG ihre Spielstätte zu verlieren, als lediglich noch eine Freizeittruppe die Farben hochhielt. Angesichts dessen verbündete sich die Rumpfelf der ersten Herren mit dem ambitionierten Teil der Freizeitkicker und startete nach Erfolgen in der Landesliga der Freizeitmannschaften im Sommer 2013 in der Kreisliga C neu. Seitdem erlebt der Verein eine kleine Renaissance, schaffte den Durchmarsch in die Kreisliga A und kann nun auch wieder mit Stolz auf die 48jährige Vereinshistorie verweisen. Derzeit spielen die Herren in der ersten Staffel der Kreisliga B.

Die SG Blau-Weiß Friedrichshain wurde 1968 am sagenumwobenen Stehtisch “bei Helga” gegründet

1968 wurde der Verein an einem sagenumwobenen Stehtisch “bei Helga” in der Rigaer Straße Ecke Liebigstraße gegründet und war seitdem in verschiedenen Ecken Friedrichshains beheimatet.  Der Name “SC Ritze” wurde durch die Behörden der DDR zugunsten des “weniger polarisierenden” Titels SG Blau-Weiß Friedrichshain abgelehnt, dafür durften sie aber von Beginn an dann auch gleich die Aufmerksamkeit der politischen Führung genießen, die in jedem alternativen Vorschlag gerne auch sogleich eine oppositionelle Quelle erblickte. Der große sportliche Erfolg war der Sportgemeinschaft jedoch in den Jahren in der DDR nicht vergönnt. Nach der Wende musste der Verein seine Heimspielstätte in der Zellestraße verlassen und siedelte zum Kurt-Ritter-Platz in der Gürtelstraße um. Als sich dann 2006 die Möglichkeit zur Nutzung des Fußballhimmels auftat, schlug der Verein sofort zu.

Als Hauptnutzer des Spielfeldes auf dem Dach genossen die Blau-Weißen zwar das Privileg, mit bester Aussicht auf die Oberbaumbrücke, die East-Side Gallery, das Berghain und die Mercedes-Benz-Arena Fußball spielen zu dürfen, dafür mussten sie jedoch auch gewisse Einschränkungen in Kauf nehmen. Die Nutzung des Spielfeldes war an die Öffnungszeiten des Handels gekoppelt. Zu jedem Training und Spiel musste sich beim Pförtner der METRO angemeldet werden, um den Schlüssel zu Platz und Vereinsräumlichkeiten zu erhalten. Spieltermine konnten dementsprechend nicht auf einen Sonntag gelegt werden, da dann auch die Ladenflächen geschlossen bleiben. Besonders in der Kreisklasse führte dies gerne mal zu organisatorischen Herausforderungen.

Seit 2021 ist der “METRO Fußballhimmel” wegen eines Wasserschadens geschlossen

Seit 2021 jedoch führt die SG Blau-Weiß Friedrichshain allerdings ein Nomadendasein, denn seitdem liegt der “METRO Fußballhimmel” brach. Ein Wasserschaden hat dazu geführt, dass der populäre Fußballplatz über den Dächern Berlins geschlossen werden musste. Die Reparatur des Platzes müsste die METRO AG übernehmen, doch die hat sich dem Problem bislang offenbar nicht annehmen wollen. Leidtragende sind vor allem die Sportler und Verantwortliche von Blau-Weiß.

Der Verein wartet nun darauf, dass seine bekannte Heimspielstätte saniert und repariert wird, damit der Spiel- und Trainingsbetrieb auf dem Dach an der Ostbahn fortgeführt werden kann. Derzeit pendeln die Mannschaften des Vereins zwischen der Elke-Lasker-Sportanlage, Alt-Stralau und dem Sportplatz an der Lobeckstraße in Kreuzberg. Wann die SG Blau-Weiß Friedrichshain in den “Fußballhimmel” zurückkehren kann, ist derzeit leider völlig offen. Ein wenig göttlicher Beistand wäre wohl durchaus hilfreich.

 

© Foto: GOOLAZO BERLIN

 

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Quellen: B.Z., DER PANENKA

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