Nach der zwölften Pflichtspielniederlage in Folge ist der 1. FC Union endgültig im Abstiegskampf der Bundesliga angekommen. Für Trainer Urs Fischer, der die volle Rückendeckung des Vereins genießt, stehen harte Wochen an. Die größte Herausforderung ist die Sturmreihe der Unioner, denen ihre bislang so beeindruckende Effektivität völlig abhanden gekommen zu scheint.
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Text: Björn Leffler
Seit dem 20. August wartet der 1. FC Union auf einen eigenen Treffer in der Alten Försterei. Das ist eine Erkenntnis, die den Verantwortlichen und Anhängern der “Eisernen” große Sorge bereiten wird, denn es ist bereits Anfang November und das Team von Trainer Urs Fischer bräuchte derzeit nichts dringender als Tore. Doch die nicht treffenden Stürmer sind eine der großen Herausforderungen, denen sich Übungsleiter Fischer in den kommenden Wochen stellen muss.
Sheraldo Becker, David Datro Fofana, Kevin Volland oder Kevin Behrens – es sind eigentlich klangvolle Namen, die in der ersten Sturmreihe des 1. FC Union auf Torejagd gehen. Allein, sie treffen das Tor nicht mehr – oder eben zu selten. Beim gestrigen 0:3 gegen Eintracht Frankfurt musste das Team daher die zwölfte Pflichtspielniederlage in Folge hinnehmen. In der Bundesliga sind es mittlerweile acht Partien, in denen den Köpenickern kein einziger Punktgewinn gelungen ist.
Nach dem 0:3 gegen Frankfurt liegt Union auf dem 16. Tabellenplatz
Erstaunlich eigentlich, dass die Mannschaft damit “nur” auf dem 16. Tabellenplatz rangiert, aber die Mannschaften aus Köln (5 Punkte) und Mainz (6 Punkte, schlechteres Torverhältnis) liegen noch knapp dahinter. Aber eben nur knapp, es ist ausgesprochen eng im Tabellenkeller, und die Siege von Mainz und Bochum haben die Situation der Köpenicker nicht unbedingt verbessert. Union ist nun eindeutig angekommen im Abstiegskampf.
Um eine aufkeimende Trainerdiskussion schon im Keim zu ersticken, hatte Unions Präsident Dirk Zingler vor dem Spiel gegen Eintracht Frankfurt seinem Trainer Urs Fischer in einem schriftlichen Statement den Rücken gestärkt.
Dirk Zingler stärkt Urs Fischer demonstrativ den Rücken
Das tue man “nicht aus Dankbarkeit für seine Leistungen in der Vergangenheit, sondern weil wir überzeugt davon sind, dass er ein hervorragender Trainer ist, der diese schwierige Aufgabe lösen kann“, so Zingler im Stadionheft des 1. FC Union. Urs Fischer selbst zeigte sich am Freitag sehr dankbar für das Treuebekenntnis. “In einer solchen Situation ist es enorm wichtig, das Vertrauen zu spüren“, sagte er dem Tagesspiegel.
Nach einem 0:1 in Stuttgart waren die Unioner am Dienstagabend nun auch aus dem DFB-Pokal ausgeschieden, und auch das Spiel gegen Eintracht Frankfurt am gestrigen Samstag war nach zwei frühen Toren von Marmoush (2. und 14. Minute) eigentlich schnell entschieden, auch wenn die Mannschaft anschließend eine strake Reaktion zeigte und genügend Torchancen hatte, um den frühen Rückstand zu egalisieren.
Auf die Stürmer des 1. FC Union ist derzeit kein Verlass
Doch auf die Stürmer des 1. FC Union ist derzeit leider kein Verlass. Und das ist der große Unterschied zu den Union-Teams der vergangenen Jahre, die sich immer auf die Effektivität ihrer Sturmreihen verlassen konnte. Diese abhanden gekommene Treffsicherheit hat die Unioner nun in den schwierigen Abstiegskampf der 1. Bundesliga geführt, und die Aufgaben werden nicht einfacher.
Am kommenden Sonntag müssen die Köpenicker beim Tabellenführer Bayer Leverkusen antreten. Ganz anders als dem 1. FC Union gelingt dem Team von Trainer Xabi Alonso derzeit so ziemlich alles. In der laufenden Saison ist die Mannschaft noch gänzlich ungeschlagen und musste nur beim 2:2 in München gegen den FC Bayern zwei Punkte abgeben. Keine leichte Aufgabe also für die kriselnden Köpenicker.
Anschließend steht mit dem Heimspiel gegen den FC Augsburg am 12. Spieltag ein mutmaßlich richtungsweisendes Spiel an, auf welches sich Urs Fischer vermutlich gern minutiös vorbereiten würde. Doch das Team muss unter der Woche noch eine kräftezehrende Reise nach Italien unternehmen, um beim SSC Neapel zum vierten Gruppenspiel in der Champions League anzutreten. Eine Doppelbelastung, der sich Fischer in der aktuellen Situation sicher gern entledigen würde.
Die zusätzlichen Spiele in der Champions League kommen denkbar ungünstig
Doch die “Eisernen” kommen nicht drum herum, die ausstehenden Spiele in Neapel, in Braga und zu Hause gegen Real Madrid spielen zu müssen. Dort mit einer B-Elf anzutreten, um die Stammkräfte für den wichtigeren Abstiegskampf zu schonen, verbietet sich allerdings auch – zumal viele Spieler, die Union im Sommer verpflichtet hat – Bonucci, Gosens, Volland, Tousart – wohl kaum ohne die Aussicht auf die Champions League nach Berlin gekommen wären.
Nun müssen sich diese Spieler allerdings einer ganz anderen Aufgabe widmen. Denn die Champions-League-Reise der Unioner wird mutmaßlich nach der Vorrunde beendet sein. Und dann werden sich die teuer eingekauften Neuverpflichtungen in den Abstiegskampf der Bundesliga stürzen müssen. Eine Aufgaben, die immerhin der von Hertha BSC verpflichtete Lucas Tousart bestens kennt. Für den Rest des Kaders ist es aber wohl eine ziemlich neue Erfahrung.
Quellen: Kicker, Berliner Zeitung, Berliner Morgenpost, FAZ, Süddeutsche Zeitung, Der Tagesspiegel