Nach dem 0:2 in Augsburg befindet sich der 1. FC Union weiter im Tiefflug. Nur ein Sieg aus den vergangenen sieben Spielen und die anhaltende Abschlussschwäche haben die “Eisernen” gefährlich nah an die Abstiegszone rücken lassen. Trainer Nenad Bjelica weist eindrücklich darauf hin, dass die Lage sehr ernst ist.
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Text: Björn Leffler
Die Lage für den 1. FC Union wird zunehmend brenzliger. Nach dem 0:2 im Auswärtsspiel am Freitagabend beim FC Augsburg und dem Sieg des 1. FSV Mainz 05 gegen Hoffenheim (4:1) ist der Relegationsplatz 16 nur noch drei Punkte entfernt. Die magere Ausbeute von nur einem Sieg aus den letzten sieben Spielen hat dazu geführt, dass das Team in der Tabelle wieder in arge Bedrängnis geraten ist.
Hinzu kommt eine frappierende Torflaute der Unioner, die während dieser sieben Spiele lediglich vier Tore erzielen konnten. In fünf dieser sieben Spiele blieben die Unioner gar gänzlich ohne Torerfolg. Zum Vergleich: der 1. FSV Mainz traf in den vergangenen sieben Spielen 13 mal, selbst die kriselnden Kölner und Bochumer trafen jeweils doppelt so häufig wie die “Eisernen”.
Nenad Bjelica: “Wir sind jetzt dick im Abstiegskampf.”
Das Team von Trainer Bjelica kann derzeit froh sein, dass mit dem VfL Wolfsburg noch ein weiterer Verein in Abstiegsnot geraten ist, der sich eigentlich schon in sicherem Fahrwasser wähnte. Doch Bjelica wurde während der Pressekonferenz nach dem Augsburg-Spiel dennoch mehr als deutlich: “Wir sind jetzt dick im Abstiegskampf. Wer das nicht versteht, hat nichts verloren bei Union. Wir spielen wie eine Mannschaft, die in der Komfortzone ist und versuchen am Strafraum zu spielen wie Barcelona.”
Kapitän Christopher Trimmel haderte gegenüber der Berliner Zeitung mit der spielentscheidenden Situation vor dem 0:1, der ein kapitaler Fehlpass von Diogo Leite vorausgegangen war: “Aber so etwas wie beim ersten Gegentor passiert im Fußball, in so einem Spiel ist es allerdings auch der Dosenöffner für den Gegner. Und dann tun wir uns leider immer ein bisschen schwer, wenn wir mehr den Ball haben. Wir sind’s gewohnt, eher weniger den Ball zu haben und gut umzuschalten. Schließlich waren wir heute mal wieder im letzten Drittel zu ungenau.”
“Es geht um alles, es geht um die Existenz.”
Bjelica aber gibt sich derzeit mit kleinteiligen Analysen, die sich auf wenige Spielsituationen beziehen, nicht zufrieden und wird in seiner Wortwahl zunehmend deutlich: “Es geht um alles, es geht um die Existenz. Das muss in die Köpfe, dass wir im Abstiegskampf sind.” Wenn man den Übungsleiter der Köpenicker so hört, scheint dessen Sorge groß zu sein, dass ein Großteil seiner Spieler den Ernst der Situation noch nicht erkannt hat – und demzufolge auch den Abstiegskampf noch nicht wirklich angenommen hat.
Dabei stehen den rotweißen noch einige schwere Spiele bevor. Am kommenden Wochenende kommt der FC Bayern München in die Alte Försterei, am 32. und 33. Spieltag duellieren sich die Köpenicker mit den Mitkonkurrenten VfL Bochum und 1. FC Köln. Wie die vergangenen Spiele gezeigt haben, werden diese Teams mit dem Messer zwischen den Zähnen auflaufen, während den Unionern derzeit die nötige Giftigkeit verloren gegangen zu sein scheint.
Dem 1. FC Union scheinen seine Grundtugenden abhanden gekommen zu sein
Dabei war das Team in den vergangenen Jahren genau für eben jene Griffigkeit im Zweikampfverhalten und eine ungemeine Kompaktheit im Gesamtgefüge bekannt – gepaart mit einer ungeheuren Effizienz vor dem Tor. Doch diese Eigenschaften sind dem Team weitgehend verloren gegangen, auch wenn die Mannschaft sich seit dem Trainerwechsel mühsam aus der Abstiegszone herausarbeiten konnte.
Vielleicht wähnte sich die Mannschaft bereits zu früh in Sicherheit, zumal die Mannschaften im Tabellenkeller – Darmstadt, Köln und Mainz – spielerisch zu schwach wirkten, um sich noch nach oben arbeiten zu können. Doch nicht nur der 1. FSV Mainz 05, der durch den neuen Trainer Bo Henriksen nicht nur spielerisch, sondern auch atmosphärisch den Wendepunkt geschafft zu haben scheint, hat sich deutlich verbessert. Auch der 1. FC Köln hat sich im Kampf um den Klassenerhalt längst noch nicht aufgegeben, wie das dramatische 2:1 gegen den VfL Bochum am vorvergangenen Spieltag gezeigt hat.
Auf die Unioner kommen wegweisende Wochen zu – und schwere Spiele
Die Bochumer wiederum bewiesen beim 1:1 gegen Heidenheim Moral und glichen das unglückliche 0:1 durch das Eigentor von Keven Schlotterbeck spät noch aus (Schlotterbeck traf erneut, dieses Mal ins gegnerische Tor). Derzeit drängt sich der Eindruck auf, dass vor allem die Teams aus Wolfsburg und Berlin nicht den nötigen Kampfgeist oder das nötige mentale Rüstzeug für den Abstiegskampf mitbringen.
In den kommenden, entscheidenden Wochen könnte das noch zu einem entscheidenden Nachteil werden, wenn sich das Team nicht schnell fängt. Nenad Bjelica wird also alle Hände voll zu tun haben, sein Team auf die anstehenden Aufgaben einzuschwören – und den Abstiegskampf in den Köpfen der Spielern präsent zu machen.
Quellen: Berliner Zeitung, Kicker, Fußball-Woche, 1. FC Union Berlin, Süddeutsche Zeitung