Gosens-Abgang zur AC Florenz: Ein riskanter Deal für Union Berlin?

Der Last-Minute-Transfer von Robin Gosens zur AC Florenz sorgt für Aufregung bei Union Berlin – und lässt viele Fragen offen. Wird der umstrittene Deal zum finanziellen und sportlichen Bumerang für die “Eisernen”?

© Foto Titelbild: IMAGO / Insidefoto
Text: Wolfgang Leffler

 

Es war ein bewegtes Wochenende für die Mannschaft des 1. FC Union, für die sportlichen Entscheidungsträger und vor allem für Robin Gosens, der im Zentrum eines denkwürdigen Transfers steht, an dessen Ende der 1. FC Union sowohl sportlich als auch finanziell als Verlierer dastehen könnte.

Die Mannschaft hatte sich am Freitagabend im Heimspiel gegen den FC St. Pauli erneut sehr schwer getan, letztlich mit dem wichtigen 1:0-Sieg aber drei Punkte im Stadion an der Alten Försterei behalten. Da war Robin Gosens aber bereits nicht mehr mit von der Partie, obwohl er ursprünglich noch für die Startelf vorgesehen war.

Bis 16 Uhr ging Robin Gosens davon aus, am Abend gegen den FC St. Pauli zu spielen

Bis 16 Uhr waren Gosens und die Mannschaft offenbar davon ausgegangen, dass der Nationalspieler trotz seines Wechselwunsches zumindest bis zur Winterpause noch bei den “Eisernen” spielen würde, doch dann kam eine Anfrage des AC Florenz herein, und innerhalb weniger Stunden wurde der Transfer vom 1. FC Union zur AC Fiorentina perfekt gemacht.

Doch wie ist der Transfer aus Sicht der “Eisernen” zu bewerten? Sportchef Horst Heldt rechtfertigte den Transfer gegenüber dem Kicker wie folgt: “Am Ende macht es keinen Sinn für uns, einen Spieler hier zu behalten, der nicht richtig bei der Sache ist. Wir sind davon überzeugt, dass wir Spieler brauchen, die voll und ganz alles für Union geben. (…) Damit ein Spieler alles geben kann für Union, müssen sich auch alle im Umfeld mit der Sache identifizieren. Wenn das nicht der Fall ist, dann macht es keinen Sinn.

Leihgeschäft: Macht der Transfer von Robin Gosens für Union Berlin finanziell Sinn?

Fraglich ist allerdings, ob der Transfer für Union finanziell Sinn macht. Heldt hatte den wechselwilligen Gosens monatelang hingehalten und einen Transfer blockiert. Doch statt Gosens nun lukrativ zu verkaufen, haben die Unioner mit den Italienern lediglich ein Leihgeschäft vereinbart.

Der 30-Jährige Gosens wechselt zunächst für ein Jahr zum Serie-A-Klub. Union erhält dafür laut Kicker eine Leihgebühr von lediglich 750.000 Euro. Zusätzlich wurde eine Kaufpflicht vereinbart, die greift, wenn der linke Außenverteidiger 60 Prozent der Spiele absolviert.

Im vergangenen Sommer hatten die Köpenicker rund 13 Millionen Euro für Gosens bezahlt

Diese Kaufpflicht liegt bei 7,5 Millionen Euro und kann durch bestimmte Boni auf bis zu 8 Millionen Euro ansteigen. Unabhängig davon bedeutet der Deal aber im ersten Schritt ein erhebliches Verlustgeschäft für Union, da der Verein Gosens vor einem Jahr für eine Grundablöse von 13 Millionen Euro von Inter Mailand verpflichtet hatte.

Gosens’ bisheriger Mitspieler Rani Khedira zeigte sich nach dem Spiel vom Blitz-Transfer völlig überrascht und wenig begeistert: “Robin stand völlig aufgelöst vor uns. Vor dem Mittagessen ist er noch davon ausgegangen, dass er spielt. Und nach seinem Mittagsschlaf kam die Nachricht, dass alles aufgeht.” Aus Khediras Sicht sei der Wechsel eine “Katastrophe” für die Mannschaft, was auch Gosens klar gewesen sei.

Fehlender Hauptsponsor: Union Berlin spart das Gehalt von Robin Gosens ein

Nun spart der Verein zwar erst einmal das sicher nicht niedrige Gehalt von Gosens, profitiert vorerst jedoch nicht weiter von dem Transfer. Das ist vor allem vor dem Hintergrund des noch immer fehlenden Hauptsponsors, der ein weiteres Loch in die Kassen der “Eisernen” reißt, eine zumindest fragwürdige Entscheidung. Doch vielleicht mussten die Köpenicker Gosens auch abgeben, um ihn zumindest von der Gehaltsliste zu bekommen.

Dass Heldt darauf verweist, dass bei Gosens der Fokus auf das Projekt Union Berlin gefehlt habe, ist nicht unbedingt die feine englische Art, wenn man einen Spieler kurz vor Toreschluss an einen anderen Verein abgibt, und es ist auch nicht wirklich überzeugend. Gosens selbst sagte, dass er sich zu dem Transfer nicht erklären wolle. Es klingt jedenfalls nicht danach, als wären beide Parteien im Guten auseinander gegangen.

Gosens trifft direkt für seinen neuen Verein – Union muss ohne den Flügelspieler auskommen

Gosens stand direkt im Spieltagskader der AC Florenz unter Trainer Raffaele Palladino und wurde auf der linken Seite in die Startelf gestellt. Dort hatte der 20-malige deutsche Nationalspieler über 70 Ballkontakte, eine Passquote von fast 80 Prozent, gewann über 70 Prozent seiner Zweikämpfe und spielte durch.

Und sein Einsatz zahlte sich letztlich aus: In der sechsten Minute der Nachspielzeit köpfte Gosens nach einer Ecke von rechts den Ball geschickt ins linke obere Eck und erzielte so den Ausgleich zum 2:2 gegen Monza für die bislang sieglose Fiorentina.

Was vom Transfer bleibt, ist ein fader Beigeschmack und natürlich die Frage, ob Union den Weggang des Flügelspielers sportlich verkraften wird. Denn spielerisch haben die “Eisernen” gegen Aufsteiger St. Pauli trotz des knappen Sieges erneut kaum überzeugen können. Doch nun ist klar, dass Robin Gosens den Berlinern zumindest in der laufenden Saison nicht mehr wird helfen können.

Quellen: Kicker, Berliner Zeitung, RBB, Der Tagesspiegel, Sport1

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