Im Oktober 1997 stand Bundesliga-Aufsteiger Hertha BSC nach elf Spieltagen auf dem letzten Tabellenplatz – und Coach Jürgen Röber kurz vor seiner Entlassung. Ein dramatischer Sieg gegen den Karlsruher SC brachte die Wende in der Spielzeit der Berliner und ermöglichte letztlich die großen Erfolge der folgenden Jahre. Für den KSC endete die Saison hingegen tragisch.
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Text: Björn Leffler
Es war zugig im Berliner Olympiastadion, an jenem 25. Oktober 1997. Bundesliga-Aufsteiger Hertha BSC empfing den Karlsruher SC am 12. Spieltag – und stand unter gehörigem Druck. Aus den ersten elf Spielen hatte das Team von Trainer Jürgen Röber nur magere sechs Punkte holen können und stand demzufolge auf dem letzten Tabellenplatz.
Röber wurde von der Vereinsführung um Vereinspräsident Manfred Zemaitat als Hauptschuldiger für den ausbleibenden Erfolg ausgemacht und stand kurz vor der Entlassung. Dem Aufstiegshelden und späteren Erfolgstrainer wurde ein Ultimatum gestellt. Um im Amt zu bleiben, musste ein Sieg gegen den KSC her.
Jürgen Röber unter Druck: Ein Sieg gegen den KSC war Pflicht
Viele waren es nicht, die tatsächlich an einen Erfolg gegen die Badener glaubten. Lediglich 29.604 Zuschauer verloren sich im weiten Rund. KSC-Trainer Schäfer, sein Team kam als Tabellen-13., hatte in einem Interview vor dem Spiel die Marschrichtung deutlich gemacht und gefordert, dass seine Mannschaft die Herthaner mit einem Auswärtssieg in der Tabelle “unten halten” sollte.
Das Spiel hätte für die Karlsruher nicht besser starten können, bereits in der zweiten Minute köpfte Marc Keller nach einer Häßler-Flanke zum 0:1 für die Gäste ein, und Jürgen Röber sinnierte vermutlich schon über mögliche Job-Alternativen. Denn sein Team tat sich schwer, bei allem Engagement. Chance um Chance ließen die Blauweißen liegen und gingen mit dem Rückstand in die Pause.
Bryan Roy schlug endlich zu – und wendete das Blatt
In der zweiten Hälfte jedoch wendete sich das Blatt, als ein Spieler auf den Plan trat, der im bisherigen Saisonverlauf klar unter seinen Möglichkeiten geblieben war. Der neu verpflichtete Niederländer Bryan Roy reagierte blitzschnell und nahm einen kurz ausgeführten Freistoß von Kjetil Rekdal auf und traf in der 56. Minute zum frenetisch umjubelten 1:1-Ausgleich.
Damit drehte sich die Partie und die Herthaner witterten Morgenluft, doch das erlösende 2:1 wollte nicht fallen, weshalb Röber in der 78. Minute Stürmer Axel Kruse für den glücklosen Alphonse Tchami brachte. Die Führung erzielte dann allerdings ein Abwehrspieler: Eyjólfur “Jolly” Sverrisson traf nach einem Eckball aus dem Hinterhalt in der 82. Minute und brachte das Olympiastadion zum Beben.
Michael Preetz vollendete zum 3:1 – und rettete Jürgen Röber seinen Job
Die für Jürgen Röber so überlebenswichtige Wende in diesem Spiel schien geschafft und wurde in der 90. Minute noch durch das 3:1 von Michael Preetz unterstrichen, der einen verunglückten Rückpass von Hengen aufnahm und vorbei an Torhüter Reitmaier ins Tor schob. Der Jubel und die Erleichterung im weiten Rund kannte keine Grenzen, und Jürgen Röber durfte vorerst weiterarbeiten.
Der Sieg gegen den befreundeten KSC war ein Schlüsselmoment in der Saison 1997/98. Hertha gewann anschließend Auswärts mit 2:0 beim SV Werder Bremen und im nächsten Heimspiel gegen den TSV 1860 München ebenfalls mit 2:0. Bis zur Winterpause hatten sich die Charlottenburger auf Platz 9 der Tabelle emporgekämpft, während Karlsruhe auf dem 12. Platz stagnierte.
Am Ende der Saison hielt Hertha die Klasse – und der KSC stieg ab
Als sich beide Teams erneut trafen – am 29. Spieltag – schnupperte Hertha sogar an den Europapokal-Plätzen, während die Karlsruher bereits in akuter Abstiegsnot waren. Der 2:0-Auswärtssieg der Herthaner verschlechterte die Ausgangssituation der Karlsruher, die am letzten Spieltag durch ein 2:4 in Rostock abstiegen, aufgrund der schlechteren Tordifferenz gegenüber Borussia Mönchengladbach.
Hertha wurde am Ende solider Elfter und legte die Basis für die kommenden Jahre, welche das Röber-Team in die Champions League und mehrfach in den UEFA-Cup führen sollte. Vielleicht wäre alles ganz anders gekommen, wenn am 25. Oktober 1997 das Spiel gegen den KSC anders ausgegangen wäre. Doch wer weiß das schon.
Quellen: DFB, Hertha BSC, Kicker
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