Präsidentenwahl bei Hertha BSC: Richtungskampf um die Zukunft

Inmitten turbulenter Zeiten steht Hertha BSC vor einer entscheidenden Wahl: Wer wird das Erbe des verstorbenen Kay Bernstein antreten und den Verein in eine neue Ära führen? Vier Kandidaten kämpfen um die Macht – und die Mitglieder haben das letzte Wort.

© Foto Titelbild: IMAGO / Nordphoto
Text: Wolfgang Leffler

 

In genau 83 Tagen, am 17. November 2024, ruft Hertha BSC seine Mitglieder zur Wahl eines neuen Präsidenten auf. Diese richtungsweisende Entscheidung wird im City Cube Berlin stattfinden, einem Kongresszentrum auf dem Berliner Messegelände, das bereits im Juni 2022 als Schauplatz einer denkwürdigen Mitgliederversammlung diente.

Damals setzte sich überraschend Kay Bernstein, ein früherer Ultra und Reformer, gegen den vom Präsidium favorisierten Kandidaten Frank Steffel durch, was ein großes und bundesweites Medienecho nach sich zog.

Rückblick: Die Wahl von Kay Bernstein im Juni 2022

Mit einer Stimmenmehrheit von 1.670 zu 1.280 triumphierte Bernstein damals über das Hertha-Establishment, und als das Wahlergebnis um 13:32 Uhr bekannt gegeben wurde, bebte der City Cube unter dem Jubel seiner Anhänger.

In seiner Antrittsrede versprach Bernstein, dem Verein die „blau-weiße Seele“ zurückzugeben – ein Versprechen, das er bis zu seinem unerwarteten Tod am 16. Januar 2024 einzulösen schien.

Hertha BSC: Die komplizierte Suche nach einem neuen Präsidenten

Nun steht eine erneute Präsidentenwahl an. Fabian Drescher, der amtierende Vizepräsident und Bernsteins interimistischer Nachfolger, hat bereits seine Kandidatur angekündigt und den „Berliner Weg“ als Leitlinie seiner Präsidentschaft betont.

Neben Drescher haben drei weitere Kandidaten Interesse bekundet: Uwe Dinnebier, Autohausbesitzer, Stephan Timoskin, Millionär und Sneakers-Unternehmer und Wolfgang Sidka, ehemaliger Hertha-Spieler und Trainer sowie früherer Präsident des VfB Oldenburg.

Präsidentenwahl: Die Bewerbungsfrist ist abgelaufen

Die Bewerbungsfrist endete am 15. August 2024. Nun beginnen die Vorstellungsgespräche der Kandidaten mit dem Aufsichtsrat, dem höchsten Gremium des Vereins. Es bleibt abzuwarten, ob noch weitere, bislang unbekannte Kandidaten ins Rennen einsteigen. Der Wahlkampf geht nun in die entscheidende Phase.

Am 17. November 2024 geht es nicht nur um die Wahl des neuen Vereinspräsidenten. Auch ein Vizepräsident wird gewählt. Dabei fällt immer wieder der Name Marko Pantelic, ehemaliger Hertha-Stürmer, der seine in internationalen Fußball-Gremien erworbenen Erfahrungen in den Verein einbringen möchte.

Richtungskampf bei Hertha BSC: Mehr als nur eine Präsidentenwahl

Zudem steht die Wahl des Präsidiums an, das derzeit aus sieben Mitgliedern besteht, aber auf maximal zehn erweitert werden kann. Fabian Drescher steht wohl am ehesten dafür, den von Kay Bernstein eingeschlagenen “Berliner Weg” konsequent weiterzuführen, das betont er auch immer wieder.

Die Strategie der übrigen Kandidaten ist bislang weniger genau bekannt, allerdings hatte Jungunternehmer Stepan Timoshin bereits mehrfach lautstark betont, Herthas bislang ungenutzte Potenziale besser nutzen zu wollen und sein unternehmerisches Können in den Vordergrund gestellt.

Kandidat Stepan Timoshin ist ernsthaft erkrankt, möchte sich aber zur Wahl stellen

Laut einem Bericht der B.Z. allerdings soll Timoshin an Lungenkrebs erkrankt sein, im vergangenen Jahr hatte er sich einer Chemotherapie unterzogen – doch der Tumor sei noch immer in der Lunge vorhanden. Ob die Krankheit seine Pläne, als Hertha-Präsident zu kandidieren, beeinflussen würde, fragte ihn die B.Z. Timoshin stellt klar, dass er sich im November wie geplant zur Wahl stellen werde.

Er habe anderthalb Jahre darauf hingearbeitet und wolle seinen Herzensverein mit seiner Expertise voranbringen. Sollte er nicht zum Präsidenten gewählt werden, so betont er, stehe er auch als Vizepräsident zur Verfügung.

Die ordentliche Mitgliederversammlung: Ein turnusmäßiges Ereignis

Anders als die außerordentliche Mitgliederversammlung im Juni 2022, die aufgrund des Rücktritts von Werner Gegenbauer nach 14 Jahren im Amt notwendig geworden war, handelt es sich dieses Mal um eine reguläre Versammlung. Die Frist für die Einreichung von Wahlvorschlägen ist bereits abgelaufen, und bisher hat der Verein keine Details darüber bekannt gegeben, wie viele Vorschläge eingegangen sind.

Der Aufsichtsrat ist nun gefordert, die eingereichten Unterlagen auf Vollständigkeit zu prüfen und zu entscheiden, welche Kandidaten zu Gesprächen eingeladen werden. Um Transparenz zu gewährleisten, plant der Verein, die ausgewählten Kandidaten Mitte September auf seiner internen Homepage bekannt zu geben und möglicherweise eine separate Vorstellungsveranstaltung zu organisieren.

Transparente Kandidatenauswahl durch den Aufsichtsrat

Die Satzung von Hertha BSC legt klare Anforderungen an die Kandidaten fest: wirtschaftliche Kompetenz, Erfahrung in Geschäfts- und Personalführung, sportliche Fachkenntnisse sowie rechtliche Expertise. Zudem darf kein Kandidat in den letzten fünf Jahren wegen Insolvenzstraftaten, Betrug oder Untreue rechtskräftig verurteilt worden sein. Der Aufsichtsrat hat das Vorschlagsrecht und spielt damit eine entscheidende Rolle bei der Auswahl der Kandidaten.

Die Wahl erfordert die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Sollte im ersten Wahlgang nicht die erforderliche Anzahl von mindestens sieben Präsidiumsmitgliedern gewählt werden, folgt ein zweiter Wahlgang. Führt auch dieser nicht zum gewünschten Ergebnis, setzt das aktuelle Präsidium einen neuen Wahltermin an. Die amtierenden Präsidiumsmitglieder bleiben bis zum Abschluss des Verfahrens im Amt.

Mitglieder müssen entscheiden: Wer wäre der richtige Präsident für Hertha BSC?

Rückblickend auf die Präsidenten seit dem Wiederaufstieg 1996 zeigt sich, dass die Wahl von Kay Bernstein im Juni 2022 ein unerwarteter Wendepunkt in der Vereinsgeschichte war, der trotz des sportlichen Abstiegs ein kaum noch bekanntes “Wir-Gefühl” unter den Anhängern von Hertha BSC entstehen ließ.

Die jetzigen Kandidaten werden an seinem Erbe gemessen, und es ist unwahrscheinlich, dass Hertha BSC zu früheren Verhältnissen zurückkehren möchte. Die bevorstehende Mitgliederversammlung im City Cube, einem Ort, der bereits 2022 Geschichte schrieb, wird daher mit Spannung erwartet.

 

Bleibt Interimspräsident Fabian Drescher auch nach der Wahl im November im Amt? Er gilt derzeit als Favorit auf die Nachfolge des verstorbenen Kay Bernstein. / © Foto: IMAGO / Nordphoto

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