Vor 50 Jahren: Tennis Borussia gelingt der Aufstieg in die Bundesliga

Im Juni 1974 gelang der Mannschaft von Tennis Borussia Berlin eher unerwartet erstmals der Sprung in die 1. Bundesliga. Es war die erfolgreichste Zeit des Vereins aus dem Westend und bescherte West-Berlin in den 1970er Jahren vier Stadtderbys mit Hertha BSC im Berliner Olympiastadion.

© Foto Titelbild: IMAGO / WEREK
Text: Björn Leffler

 

Im runderneuerten Mommsenstadion an der Waldschulallee im Berliner Westend war vieles anders als sonst. Der neu verlegte Rasen (mitsamt Rasenheizung) und die umgebauten Tribünen sollten einen würdigen Rahmen bilden für das Auftaktmacht der Lilaweißen gegen die TSG Neustrelitz.

Als Motivationsspritze für das Team und Schmankerl für die anwesenden knapp 600 Zuschauer wurde noch ein besonderes Jubiläum gefeiert. Die Bundesliga-Aufstiegsmannschaft von 1974 war zum Heimspiel geladen, auf Initiative von Olaf Engel, dem Teammanager der Hans-Rosenthal-Elf.

Tennis Borussia: Aufstiegself von 1974 war zum ersten Heimspiel geladen

Am 5. Juni vor 50 Jahren gelang den Tennis-Borussen durch ein 3:1 gegen den FC St. Pauli vor über 15.000 Zuschauern erstmals der Aufstieg in die erste Bundesliga, bis heute der größte sportliche Erfolg von „TeBe“.

Auf solche sportlichen Höhenflüge müssen die Fans von Tennis Borussia wohl aber noch eine Weile warten, denn das nächste Ziel – der Aufstieg in die Regionalliga Nordost – liegt derzeit aus sportlicher Sicht eher in weiter Ferne. Da lohnt sich für die geschundene Seele der “TeBe”-Fans ein Blick in die erfolgreiche Vergangenheit der 1960er und 1970er Jahre.

Als die Bundesliga 1963 eingeführt wurde, waren Hertha BSC und Tasmania 1900 die führenden West-Berliner Vereine, während Tennis Borussia noch in der zweitklassigen Regionalliga spielte. Doch im Gegensatz zu anderen Mannschaften gelang es “TeBe”, sich über Wasser zu halten. Bis 1970 erreichten sie stets die oberen Plätze und nahmen 1965, 1967, 1968 und 1970 an den Aufstiegsrunden zur Bundesliga teil, scheiterten jedoch immer knapp.

Langer Atem: Viermal scheiterte Tennis Borussia in der Bundesliga-Aufstiegsrunde

Ein besonderer Höhepunkt war das Jahr 1968, als “TeBe” für die Aufstiegsrunde ein Trainingslager beim Bundesligameister Eintracht Braunschweig einrichtete und deren Trainer Helmuth Johannsen ins Team holte. Doch trotz dieser Bemühungen und mehreren Anläufen blieb der Aufstieg den Lilaweißen noch verwehrt.

Finanzielle Engpässe führten dann ab 1969 zu großen Veränderungen im Verein aus dem Berliner Westend. Der langjährige Vorsitzende Hans Rosenthal wurde von Willi Schmitz abgelöst, und zahlreiche Spieler verließen den Verein. 1974 gelang dann aber endlich der Aufstieg in die Bundesliga.

Bundesliga-Aufstieg: Am 5. Juni 1974 schlug “TeBe” den FC St. Pauli mit 3:1

Am 5. Juni 1974 fand im Mommsenstadion vor 15.100 Zuschauern das vorletzte Spiel der Aufstiegsrunde zur Fußball-Bundesliga statt. Tennis Borussia empfing als Tabellenführer den FC St. Pauli. Mit einem Sieg hätten die Gastgeber den Aufstieg vorzeitig sicher gehabt.

Das Spiel gestaltete sich zunächst aber spannender als gewünscht, da St. Pauli in der 32. Minute mit 1:0 in Führung ging. Diese Führung hielt dann bis zur 72. Minute, bis Gerd Schwidrowski den vielumjubelten Ausgleich für die Tennis-Borussen erzielte.

Peter Eggert erzielte dann neun Minuten später das wichtige 2:1-Führungstor, gefolgt von Hans Sprenger, der in der 86. Minute den Endstand von 3:1 markierte. Mit diesem Sieg war der Aufstieg von Tennis Borussia in die Bundesliga perfekt, und die Mannschaft feierte diesen Erfolg gemeinsam mit den begeisterten Anhängern.

Tennis Borussia: Herausforderungen durch unerwarteten Bundesliga-Aufstieg

Der eher unerwartete Aufstieg der Berliner brachte Herausforderungen für den Verein mit sich. Die Spielerverträge mussten neu verhandelt werden, und trotz Schulden in Höhe einer halben Million DM verpflichtete der Verein Karl-Heinz Schnellinger, der sich jedoch nicht integrieren konnte und das Team nach 19 Spielen wieder verließ.

Die Mannschaft kämpfte in der Hinrunde zwar tapfer, fand sich jedoch schnell am Tabellenende wieder. Trotz einer Steigerung in der Rückrunde blieb “TeBe” im Abstiegskampf erfolglos und konnte die Klasse nicht halten. Das Zuschauerinteresse war zudem gering, mit durchschnittlich 10.000 Zuschauern pro Heimspiel. Wenig erstaunlich, denn Stadtrivale Hertha BSC wurde in dieser Saison deutscher Vizemeister hinter Borussia Mönchengladbach und war die klare Nummer eins in West-Berlin.

Hertha BSC und Tennis Borussia trafen sich zweimal im Berliner Olympiastadion

Aus Berliner Sicht waren die beiden Stadtderbys zwischen Hertha BSC und Tennis Borussia natürlich ein großes Highlight. Vor 75.000 Zuschauern schlugen die Blauweißen am 16. November 1974 die Lilaweißen klar mit 3:0, nach Toren von Grau und Beer, der zweimal einnetzte.

In der Rückrunde kamen am 10. Mai 1975 immerhin noch 43.000 Zuschauer, um das West-Berliner Derby zu sehen. Den Führungstreffer der Herthaner durch Michael Sziedat konnten die Tennis-Borussen immerhin kontern, Jürgen Rumor traf in der 39. Minute zum 2:1. Hertha gewann dennoch, durch ein Tor von Wolfgang Sidka in der 50. Minute.

1975/76: “TeBe” setzte sich den Wiederaufstieg in die Bundesliga zum Ziel – und schaffte ihn

Für die Saison 1975/76 verpflichtete “TeBe” erneut Helmuth Johannsen als Trainer und setzte sich den Wiederaufstieg zum Ziel. Nach einer erfolgreichen Hinrunde und einer starken Rückrunde mit neun ungeschlagenen Spielen kehrte der Verein auch tatsächlich in die Bundesliga zurück.

Doch Erfolgstrainer Johannsen verließ den Verein wegen Unstimmigkeiten im Vorstand, Rudi Gutendorf übernahm für die anstehende Saison 1976/77 das Team. Aufgrund finanzieller Probleme musste “TeBe” jedoch vor Beginn der Spielzeit wichtige Spieler verkaufen, konnte jedoch durch Neuzugänge wie Benny Wendt, der 20 Tore erzielte, die Mannschaft verstärken.

1976/77: “TeBe” setzte Ausrufezeichen, konnte die Klasse aber erneut nicht halten

In der Saison 1976/77 gelangen dem Team von Tennis Borussia überraschende Siege gegen Topteams wie den 1. FC Köln und Bayern München, doch am Ende stiegen die Charlottenburger erneut ab. Die Zuschauerzahlen stiegen zwar auf durchschnittlich 22.000, doch der Abstieg war nicht zu verhindern.

Die Duelle mit Hertha BSC zogen erneut viele Zuschauer an, vor 74.800 Fans gewann Hertha im November 1976 mit 2:0 gegen “TeBe”, durch Tore von Hermandung und Beer. In der Rückrunde gelang den Tennis-Borussen der bis heute einzige Sieg in der 1. Bundesliga gegen den großen Nachbarn. Vor 42.000 Zuschauern im Olympiastadion siegte der Außenseiter mit 2:0 durch Tore von Stradt und Schulz.

Schleichender Niedergang: “TeBe” hielt sich bis 1981 in der 2. Bundesliga und stieg dann ab

Nach dem Abstieg 1977 hielt sich Tennis Borussia schließlich noch bis 1981 in der 2. Bundesliga Nord, verpasste jedoch die Qualifikation für die neue eingleisige 2. Bundesliga. Das letzte Saisonspiel 1980/81 ging vor nur 652 Zuschauern verloren, und der Verein musste in die Oberliga Berlin absteigen.

Der Abstieg war nicht nur auf die schlechte Platzierung 1980/81 zurückzuführen, sondern auch auf die enttäuschenden Ergebnisse der beiden vorherigen Spielzeiten, die die Grundlage für die Vergabe der Startplätze in der neuen 2. Bundesliga bildeten.

Eine erneute Rückkehr in die 1. Bundesliga gelang Tennis Borussia bis heute nicht mehr

Tennis Borussia Berlin musste somit den Abstieg in die Drittklassigkeit hinnehmen und spielte fast die gesamten 1980er Jahre hindurch – mit Ausnahme einer Saison in der eingleisigen Zweiten Bundesliga (1985/86) – in der Oberliga Berlin.

Ab Mitte der 1990er Jahre versuchte der Verein mit finanzstarken Investoren den erneuten Sprung in die 1. Bundesliga zu schaffen und setzte sich sogar die Champions League als Ziel, scheiterte jedoch an den eigenen Ansprüchen. Am Ende der Spielzeit 1998/99 fehlten tatsächlich nur vier Punkte zum Aufstieg in die 1. Bundesliga, aber das Team versagte vor allem in den letzten Spielen. Näher sollten die Lilaweißen der ersten Liga in den folgenden Jahren aber nie wieder kommen.

 

Quellen: Tennis Borussia Berlin, Wikipedia, Kicker, Der Tagesspiegel

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