Die Verletzungssorgen bei Hertha BSC reißen nicht ab – und auch sportlich bleibt das Team hinter den Erwartungen zurück. Trainer Christian Fiél steht vor der Herausforderung, trotz der Personalmisere die Wende einzuleiten. Dabei stellt sich die Frage, ob Hertha in Sachen Verletzungsprävention und medizinischer Betreuung gut genug aufgestellt ist.
Text: Björn Leffler
© Fotos: IMAGO / Matthias Koch
Herthas Trainer Christian Fiél hatte am vergangenen Donnerstag im Rahmen der Pressekonferenz vor dem Heimspiel gegen den SSV Ulm selbstbewusst das Ziel ausgegeben, dass das Heimspiel gegen den Tabellen-16. unbedingt gewonnen werden soll. Der Ankündigung ließ sein Team jedoch einen über weite Strecken wenig überzeugenden Auftritt folgen, der mit einer Punkteteilung gegen die “Spatzen” endete.
Für Fiéls Team, welches zumindest medial noch immer in den (sehr großen) Kreis der Aufstiegskandidaten gezählt wird, war das Ergebnis deutlich zu wenig. Das zurecht aberkannte, späte 3:2 von Michael Cuisance hätte den Hauptstädtern noch zu einem glücklichen Sieg verholfen, doch insgesamt war wieder einmal deutlich zu sehen, dass das derzeitige Leistungspotenzial des Teams nicht ausreicht, um sich aus dem grauen Mittelfeld der 2. Bundesliga herauszuspielen.
Hertha tritt sportlich auf der Stelle – und beklagt einen weiteren verletzten Spieler
Wenig hilfreich ist dabei, dass die Mannschaft mit außerordentlich vielen Verletzungen zu kämpfen hat, die als zusätzliche Bürde über der gesamten Hinrunde zu liegen scheinen. Gegen Ulm wurde immerhin Linus Gechter eingewechselt, der sich im September im Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf schwer an der Schulter verletzt hatte. Dafür ist ein anderer Verletzter hinzugekommen.
Denn Außenspieler Marten Winkler verletzte sich im Spiel gegen den SSV Ulm so schwer, dass er schließlich ausgewechselt werden musste. Gegenüber BILD sagte Trainer Fiél dazu: “Das sah nicht gut aus. Ich habe ihn in der Kabine mit Gehhilfen gesehen. Aber wir müssen die Untersuchungen abwarten.“ Nach erstem Wissensstad hat sich Winkler am Samstag eine Muskelverletzung zugezogen – und wird für den Rest der Hinrunde wohl ausfallen.
Marten Winkler fällt nach einer Muskelverletzung wohl für den Rest der Hinrunde aus
Für Winkler ist die neuerliche Verletzung umso bitterer, da er erst vor wenigen Wochen im Pokalspiel gegen den FC Heidenheim sein Comeback nach einer Verletzungspause gegeben hatte. Auf die hohe Zahl der Verletzten angesprochen, verwies Christian Fiél noch am Donnerstag darauf, dass Fußball nun mal ein Kontaktsport sei und dass Verletzungen eben passierten.
Damit spielte er auf die Ausfälle von Fabian Reese, Linus Gechter, Kevin Sessa oder John Antony Brooks an, die allesamt durch äußere Einflüsse verletzt worden waren. Allerdings gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Verletzter auf Herthas langer Lazarett-Liste, wie etwa Toni Leistner, der sich gegen den 1. FC Köln eine Muskelverletzung im Oberschenkel zugezogen hatte.
Absehbare Verletzung? Toni Leistner zog sich gegen den 1. FC Köln einen Muskelfaserriss zu
Leistner, der zuvor in der englischen Woche auch gegen Karlsruhe und Heidenheim über die volle Distanz gegangen war, kam gegen den 1. FC Köln bereits mit einem bandagierten Oberschenkel aus der Pause, und verletzte sich nur wenige Minuten nach Wiederanpfiff. Bei Leistner, der bereits im fortgeschrittenen Fußballeralter ist, war offenbar bereits während der Partie gegen Köln sichtbar, dass der Körper eine Erholung braucht.
Doch die Personalnot in Herthas Abwehr ist derzeit latent hoch, und so musste Leistner auch in Hälfte zwei wieder aufs Feld – und fällt nun mit einem Muskelfaserriss wochenlang aus. Fraglich ist dabei, ob das Thema Belastungssteuerung und Verletzungsprävention bei Hertha BSC ernst genug genommen wird, denn zumindest die Verletzung Leistners schien rückblickend sehr vermeidbar gewesen zu sein.
Trainer Christian Fiél betont, dass sich der Verein permanent kritisch hinterfragt
Fiél versicherte, dass sich das Trainerteam als auch die medizinische Abteilung regelmäßig kritisch hinterfragen – doch leider spricht die Zahl der Verletzten bei Hertha BSC aktuell eine andere Sprache. Darunter finden sich Namen, die dem Team derzeit wirklich helfen könnten, wie etwa Diego Demme, der zwar wie auch Fabian Reese wieder trainiert, aber offensichtlich noch nicht einsatzfähig ist.
Woran genau Demme laboriert, wollte oder konnte Fiél am Donnerstag nicht so recht sagen, der Fall scheint nicht einfach zu lösen zu sein. Für Hertha BSC steht am kommenden Freitag ein schweres Auswärtsspiel beim FC Magdeburg an, welches nicht verloren werden darf, wenn sich das Team zumindest zaghafte Hoffnungen auf den Anschluss an die oberen Tabellenregionen machen will.
Die hohe Zahl der verletzungsbedingten Ausfälle ist für das instabile Team aus dem Berliner Westend eine zusätzliche Belastung. Die Verantwortlichen in der sportlichen Leistung sollten vielleicht einmal mehr “kritisch hinterfragen”, ob das bei Hertha praktizierte Konzept für Athletik- und Konditionstraining sowie die medizinische Betreuung tatsächlich auf dem neuesten Stand der Sportdiagnostik stehen. Derzeit macht es eher nicht den Eindruck.
Quellen: BILD, RBB, Hertha BSC
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