Ein bitteres 2:2 in Gelsenkirchen: Hertha BSC lässt auf Schalke wichtige Punkte liegen und bleibt mit ungenutzten Chancen und defensiven Schwächen im Tabellenmittelfeld hängen – und Trainer Christian Fiél sucht nach den Gründen dafür.
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Text: Wolfgang Leffler
Das 2:2 am Samstagabend in Gelsenkirchen gegen den FC Schalke 04 war aus Sicht vieler Hertha-Fans so unnötig, dass es selbst den treuesten Anhängern die Zornesröte ins Gesicht trieb – oder aber viele offene Fragen hinterließ. Trainer Christian Fiél rang im anschließenden Sky-Interview um Worte, denn ihm war bewusst, dass seine Mannschaft erneut eine große Chance vergeben hatte, näher an die oberen Tabellenplätze heranzurücken.
Wieder einmal wurden zwei Punkte verschenkt, und der Zuschauer fragt sich, warum diese Diskrepanz zwischen fulminantem Beginn und teilweise schwachem Spiel zur Norm der Hertha-Auftritte zu werden scheint. Die Mannschaft startete in Gelsenkirchen konzentriert und dominierte das Spiel. Cuisances Führungstreffer zum 1:0 in der 9. Minute gab den Berlinern zunächst Auftrieb, und Maza hätte wenig später freistehend am Schalker Strafraum das 2:0 erzielen müssen. Doch der Youngster vergab die gute Gelegenheit.
Bittere Punktverluste und unerklärliche Schwächen in der Leistung
Kurz darauf bot sich Cuisance eine weitere Möglichkeit zur Führungsausweitung, aber auch diese blieb ungenutzt. Diese Nachlässigkeit stärkte die Schalker, die ihre Chance witterten und eine Unaufmerksamkeit in der Hertha-Abwehr in der 24. Minute zum Ausgleich nutzten. Nach einer gut gespielten Kombination setzte Karaman den Ball mit einem Sonntagsschuss in den rechten oberen Torwinkel und ließ Ernst im Tor keine Abwehrchance.
Die Schalker Führung durch Mohr in der 33. Minute war die logische Folge, denn Hertha fand keinen Zugriff auf die Schalker Angriffe und wirkte seltsam zurückhaltend. Es schien, als würde die ausverkaufte Schalke-Arena, in der die Fans ihre Mannschaft lautstark unterstützten, besonders auf die jungen Hertha-Spieler mentalen Druck ausüben. Fraglich bleibt auch, ob der Schiedsrichter den Körpereinsatz von Antwi-Adjei gegen Torhüter Ernst im Fünfmeterraum nicht hätte überprüfen müssen.
Nach dem unnötigen 1:2 kämpfte sich Hertha BSC zurück ins Spiel
Die zweite Hälfte gehörte jedoch von Beginn an der Hertha-Mannschaft, die nun vehement auf den Ausgleich drängte. Schalke spielte in der zweiten Halbzeit kaum mehr eine Rolle, auch wenn die Schalker Fans dies vermutlich anders sehen. Da die Angriffsbemühungen bis zur 70. Minute jedoch ohne Erfolg blieben, reagierte Fiél und brachte mit Prevljak und Niederlechner zwei erfahrene Spieler für den Angriff, die sofort für Unruhe im Schalker Strafraum sorgten.
Kurz darauf zeigte der Schiedsrichter auf den Elfmeterpunkt, nachdem Klemens von Schallenberg zu Fall gebracht worden war. Prevljak übernahm die Verantwortung und verwandelte den Strafstoß souverän. Es war Prevljaks erstes Saisontor, der in den bisherigen Spielen der Blauweißen keine Chance bekommen hatte.
Hertha auf Schalke: Späte Wechsel und fehlender Mut zum Risiko nach dem 2:2
Die späten Einwechslungen werfen insgesamt Fragen auf, denn eigentlich hätte Fiél die Probleme in Abwehr und Angriff bereits in der ersten Halbzeit erkennen müssen. Ebenso ist die Transferpolitik der Hertha zu hinterfragen: Die Abgänge von Kempf, einem kopfballstarken Abwehrspieler, und Tabakovic als wuchtigem Mittelstürmer haben die Mannschaft spürbar geschwächt – eine Sorge, die viele Fans bereits zum Ende der Transferperiode geäußert hatten.
Nach dem achten Spieltag steht Hertha BSC mit elf Punkten auf dem neunten Tabellenplatz – ein Szenario, das an die letzte Saison erinnert, als sich das Team im Mittelfeld festsetzte, mit starker Offensive, aber schwacher Abwehr. Fiéls angekündigter neuer Spielstil mit aggressivem Pressing und Ballbesitzfußball zeigt sich zwar in vielen Phasen des Spiels, doch in der Tabelle ist kein Fortschritt erkennbar.
Derzeit bleibt festzustellen, dass Hertha BSC nur Mittelmaß repräsentiert. Um dies zu ändern, braucht es eine stabilere Abwehr und mehr Präzision im Abschluss vor dem Tor. Vielleicht ändert sich die Situation, wenn einige der Langzeitverletzten zurückkehren und die Kaderbreite erhöhen, was auch die Konkurrenz im Team steigern dürfte.
Quellen: Kicker, Fußball-Woche, Hertha BSC