Zweite Teams und Aufstiegsregelung: Reform für 3. Liga und Regionalliga notwendig

Die komplizierte Aufstiegsregelung und die Teilnahme von Bundesliga-Zweitmannschaften sorgen in der 3. Liga und den Regionalligen für Unmut und für ein sportliches Ungleichgewicht. Der DFB sollte dringend handeln, um den Wettbewerb gerechter zu gestalten.

© Foto Titelbild: IMAGO / Matthias Koch
Text: Björn Leffler

 

Seit Jahren wird unter Fußball-Fans in Deutschland darüber diskutiert, wie gerecht bzw. ungerecht der Übergang vom Amateur- zum Profifußball geregelt ist und welche Mannschaften in der dritt- und vierthöchsten Fußball-Liga des Landes teilnehmen sollten.

Dabei scheiden sich die Geister vor allem an zwei Themen. Das erste Thema ist die komplizierte Aufstiegsregelung, da aus fünf Regionalliegen nur vier Aufsteiger in die 3. Liga aufsteigen dürfen – was dazu führt, dass ein Meister der Regionalliga-Saison nicht zwangsweise aufsteigt.

3. Liga und Regionalliga: Aufstiegsregelung und Zweitmannschaften als größtes Ärgernis

Das zweite Thema ist die Teilnahme der zweiten Mannschaften von Bundesliga-Vereinen, die kleineren Mannschaften die Plätze in der Regionalliga sowie in der 3. Liga “wegnehmen”. So spielen in der 3. Liga, die bereits zum bezahlten Fußball gehört, die zweiten Teams des VfB Stuttgart, von Borussia Dortmund und von Hannover 96.

Doch der Reihe nach, denn der Weg in die 3. Liga ist erst einmal grundsätzlich kein leichter. Der Aufstiegsmodus wurde im Jahr 2012 modifiziert, als die Anzahl der Regionalligen von drei (Nord, Süd und West) auf fünf (Bayern, Nord, Nordost, Südwest und West) erhöht wurde, wodurch die drei Aufsteiger in einer Aufstiegsrunde ermittelt wurden.

2012 wurde der Aufstiegsmodus der Regionalligen entscheidend modifiziert

Diese Runde bestand aus den fünf Regionalliga-Meistern und dem Vizemeister der Südwest-Region. Die siegreichen Teams stiegen schließlich auf. Aufgrund großer Kritik wurde 2019 eine vorübergehende Änderung beschlossen. In der Saison 2018/19 stiegen vier Mannschaften auf, darunter je ein direkter Aufsteiger für die Regionalligen Südwest und Nordost. Der dritte direkte Aufsteiger wurde zwischen den Meistern der übrigen Regionalligen ausgelost, während die beiden verbleibenden Meister in Hin- und Rückspiel den vierten Aufstiegsplatz ausspielten.

Im September 2019 beschloss der DFB-Bundestag eine Reform ab 2020/21. Es gibt seitdem weiterhin vier Aufsteiger, wobei die Regionalligen West und Südwest jeweils einen festen Direktaufsteiger stellen. Ein weiterer direkter Aufstiegsplatz wird zwischen den Regionalligen Nord, Nordost und Bayern rotierend vergeben.

Seit 2019 werden die Aufsteiger in einem rollierenden Playoff-System ermittelt

Die Vertreter der übrigen Regionalligen ermitteln in Play-offs den vierten Aufsteiger. In der vergangenen Saison konnte der Erstplatzierte der Regionalliga Nordost direkt aufsteigen, was dem Team von Energie Cottbus letztlich gelungen ist. Die 3. Liga selbst stellt hohe Anforderungen an die teilnehmenden Vereine, vor allem infrastrukturell.

In der 3. Liga angekommen ergibt sich für die teilnehmenden Mannschaften immer wieder ein Ungleichgewicht durch die Teilnahme der oben bereits erwähnten zweiten Mannschaften, und nicht nur dort. Auch in den Regionalligen mischen die Zweitmannschaften kräftig im Rennen um die raren Aufstiegsplätze mit.

In den fünf Regionalligen spielen zahlreiche Zweitmannschaften von Bundesliga-Teams mit

In der Regionalliga West spielen die Zweitvertretungen von Borussia Mönchengladbach, Schalke 04, vom 1. FC Köln oder Fortuna Düsseldorf mit. In der Regionalliga Nord sind Werder Bremen, St. Pauli, Holstein Kiel und der HSV vertreten, in der Regionalliga Nordost spielt die zweite Mannschaft von Hertha BSC.

Eine Klasse höher, in der 3. Liga, spielen die zweiten Teams von Borussia Dortmund, VfB Stuttgart und Hannover 96 mit, obwohl diese Vereine bereits Teams in der ersten und zweiten Liga stellen. Ergibt sich daraus ein sportliches Ungleichgewicht? Ja, argumentiert das Magazin Fever Pitch, da regelmäßig Spieler aus höheren Spielklassen eingesetzt werden. Entweder, um Spielern, die in der ersten Mannschaft nicht zum Einsatz kommen, Spielpraxis zu geben, oder um verletzte Spieler wieder an die Wettbewerbssituation heranzuführen.

Reformpläne: Eine eigene Liga für die Zweitteams der Bundesligisten?

Für die übrigen Teams ergibt sich daraus ein deutlicher sportlicher Nachteil, da die Vorbereitung auf die Spiele gegen diese Teams häufig kaum möglich ist – und diese Teams mitunter deutlich über dem Niveau der Liga agieren können, je nachdem welche Spieler aus der ersten Mannschaft gerade für das zweite Team abgestellt sind.

Fever Pitch schlägt daher eine Reform der Regionalligen und der 3. Liga vor. Die soll so aussehen, dass die Zweitmannschaften in einer eigenen Liga gegeneinander antreten, die autark von 3. Liga und Regionalliga läuft.

Die Zweitmannschaften könnten einen eigenen Deutschen Meister ausspielen

Das “Oberhaus” der zweiten Mannschaften könnte demnach hochkarätige Teams umfassen, da auch Vereine wie Bayern München, der 1. FC Nürnberg, der FC Augsburg, Eintracht Frankfurt, der SC Freiburg, Greuther Fürth und die TSG Hoffenheim jeweils eine zweite Mannschaft in der Regionalliga haben.

In einer starken Liga für zweite Mannschaften könnten auch Spieler nach Verletzungen behutsam wieder in den Spielbetrieb integriert werden. Eine mögliche Regelung könnte vorsehen, dass pro Spiel nur zwei oder drei Spieler aus dem Profikader eingesetzt werden dürfen. Diese Teams könnten dann einen eigenen Deutschen Meister ausspielen, was mutmaßlich eine interessantere Alternative zum Verbleib im unteren Mittelfeld der 4. Liga darstellen würde.

Für die verbleibenden Mannschaften in der 3. Liga und den Regionalligen würde sich, vor allem vor dem Hintergrund der umständlichen Aufstiegsregelung, ein deutlich fairerer Wettbewerb ergeben. Selbst in den unteren Ligen ist das Thema der zweiten Mannschaften von Bedeutung.

Auch in der Berliner Landesliga spielen mehrere Zweitmannschaften mit

In der Staffel 1 der Landesliga Berlin bestehen fünf der sechzehn Teams aus zweiten Mannschaften. Besonders gegen Ende der Saison, wenn der Klassenerhalt der ersten Mannschaft gesichert ist, besteht naturgemäß die Versuchung, die zweite Mannschaft mit Spielern aus dem oberen Kader zu verstärken.

Dies kann dazu führen, dass Vereine benachteiligt werden, die gegen eine klassische zweite Mannschaft wahrscheinlich gewonnen hätten. Zwar gibt es auch Vereine, die auf eine klare Trennung zwischen den Mannschaften achten, doch dies ist eben nicht überall der Fall.

U21 Premier League: Vorbildmodell aus England?

Ein mögliches Vorbild für den DFB könnten die englischen Reserve-Ligen bilden. In der “U21 Premier League” etwa spielen die zweiten Mannschaften von Manchester City, Chelsea, Liverpool, Manchester United oder Tottenham – und spielen in einer eigenen Liga den Meister aus. Ein mögliches Modell für den deutschen Fußball?

Die Verantwortlichen des DFB sollten dieses Szenario zumindest einmal durchspielen, denn derzeit gibt es in den oberen Amateurligen sowie in der 3. Liga ein sportliches Ungleichgewicht, welches für viele kleinere Verein schwer zu händeln und eigentlich grundsätzlich unnötig ist.

Der NOFV versucht erneut, die aktuelle Aufstiegsregelung zu reformieren

Die eingangs behandelte komplizierte Aufstiegsregelung wollte der Nordostdeutsche Fußballverband im vergangenen Jahr übrigens noch einmal reformieren, da die Staffeln West und Südwest dauerhaft einen direkten Aufstiegsplatz innehaben, während die anderen drei Staffeln in einem rollierenden System nur alle drei Jahre einen Direktaufsteiger stellen.

Seit 2020 gelang lediglich Viktoria Berlin und (in der vergangenen Spielzeit) Energie Cottbus der Aufstieg in die 3. Liga, begünstigt durch den direkten Aufstiegsplatz und den vorzeitigen Saisonabbruch aufgrund der Corona-Pandemie. Dagegen scheiterten die Teilnehmer der Aufstiegsspiele – Lok Leipzig (2020), BFC Dynamo (2022) und Energie Cottbus (2023) – jeweils am Aufstieg.

Doch die Landesverbände sind sich uneins, dem NOFV fehlt beispielsweise die Unterstützung des Norddeutschen Fußballverbands, während der Bayerische Fußballverband durchaus Zustimmung für eine Reform der Aufstiegsregelung signalisiert hatte. So bleibt vorerst alles bei der bestehenden Regelung.

Die Landesverbände sind sich uneins – vorerst bleibt alles beim Alten

Der Norden hat sich vermutlich gegen die vom NOFV angestrebte Reform entschieden, weil diese möglicherweise eine Reduzierung der Regionalliga-Staffeln von fünf auf vier bedeutet hätte. Obwohl mehrere Klubs aus den Regionalligen Nord, Nordost und Bayern für eine Aufstockung der 3. Liga auf 22 Mannschaften mit fünf Ab- und Aufsteigern plädierten, stießen sie auf Widerstand des DFB und der Drittligisten.

Denn die 3. Liga hatte 2018 bereits einen vierten Absteiger akzeptiert, in der Erwartung, dass die Landesverbände eine Lösung für eine viergleisige Regionalliga finden würden. Da jedoch niemand seine Staffel aufgeben wollte, blieb eine wirklich zufriedenstellende Einigung eben aus. Es ist, Stand heute, eher unwahrscheinlich, dass sich dies in den nächsten Jahren ändern wird.

 

Die zweite Mannschaft des VfB Stuttgart im Duell mit dem Team des TSV 1860 München. Beide Mannschaften spielen in der 3. Liga, obwohl der VfB Stuttgart bereits ein Team in der 1. Bundesliga hat – eine sportliche Ungerechtigkeit? / © Foto: IMAGO / Pressefoto Baumann

 

Quellen: Kicker, Lausitzer Rundschau, Fever Pitch, 11Freunde, Fußball-Woche, soccerway, IMAGO, Wikipedia

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