1986: Als Blau-Weiß 90 Berlin der Sprung in die 1. Bundesliga gelang

Während Hertha BSC und Tennis Borussia in der Saison 1985/86 in die Oberliga abstiegen, gelang Blau-Weiß 90 Berlin der sensationelle Aufstieg in die 1. Bundesliga. Mit zehn Saisontoren für die Mariendorfer machte ein gewisser Karl-Heinz Riedle auf sich aufmerksam. Der Verein konnte sich allerdings nicht in der Bundesliga halten und musste wenig später Konkurs anmelden.

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Text: Björn Leffler

 

Blau-Weiß 90 Berlin entstand am 27. Juli 1927 durch die Fusion des BFC Vorwärts 90 und des TuFC Union 1892. Beide Vereine brachten jeweils vier deutsche Nationalspieler hervor. Sie fusionierten, um dem sportlichen Abwärtstrend entgegenzuwirken. Der Verein hatte Höhen und Tiefen: Er stieg nach der Fusion schnell ab, kehrte jedoch 1930 zurück.

Nach verschiedenen Platzierungen in der Gauliga erreichte er 1938 den direkten Wiederaufstieg, die erfolgreichste Phase vor dem Zweiten Weltkrieg begann. 1942 wurde der Klub aus Mariendorf erneut Gaumeister und erreichte das Halbfinale der deutschen Meisterschaft. Nach dem Krieg spielte der Verein als SG Mariendorf, bevor er ab 1949 als Blau-Weiß 90 Berlin zurückkehrte.

Blau-Weiß 90 Berlin: Zwischen Mittelmaß und Abstiegskampf in den Jahrzehnten nach dem Krieg

In den Jahrzehnten nach dem Krieg pendelte der Verein zwischen Mittelmaß und Abstiegskampf, gewann 1963 aber die die Amateurliga. Ab 1963 spielte Blau-Weiß in der Regionalliga und wurde 1973 Regionalligameister. In der Bundesliga-Aufstiegsrunde blieb ihnen allerdings der Schritt in die höchste deutsche Spielklasse noch verwehrt.

Die Jahre ab 1974 markierten für Blau-Weiß 90 Berlin einen Niedergang, da der Verein erstmals den Gang in die Viertklassigkeit hinnehmen musste, nachdem er zuvor in der drittklassigen Amateurliga Berlin gespielt hatte. Inmitten dieser Entwicklung erreichte die Jugendabteilung allerdings 1979 ihren Höhepunkt mit dem Gewinn der Deutschen B-Jugendmeisterschaft, wobei ein junger Rüdiger Vollborn im Tor glänzte.

Werbekaufmann Kropatschek stieg Mitte der 1970er Jahre als Gönner des Vereins ein

Nach dem direkten Wiederaufstieg als Vizemeister der Landesliga erfolgte 1981 erneut der Abstieg. Erst nach zwei Jahren gelang die Rückkehr in die Landesliga. In dieser Phase trat der Werbekaufmann Konrad Kropatschek bei Blau-Weiß 90 in Erscheinung. Obwohl Kropatschek wegen Kreditbetrugs vorbestraft war, stieg er als Gönner bei den Mariendorfern ein und verstärkte den Verein erheblich, was 1983/84 zum Meistertitel in der Oberliga führte.

In der folgenden Saison schrieb Blau-Weiß 90 Geschichte, als sie in die Bundesliga aufstiegen und etablierte West-Berliner Teams wie Hertha BSC und Tennis Borussia hinter sich ließen. Leo Bunk wurde Torschützenkönig der 2. Bundesliga und die Mannschaft trat gemeinsam mit Schlagersänger Bernhard Brink im “Aktuellen Sportstudio” mit dem Song “Wir sind heiß auf Blau-Weiß” auf. Doch hinter den Kulissen gab es finanzielle Turbulenzen, die schließlich zur Trennung von Kropatschek führten.

1986: Trennung von Kropatschek und Debüt-Saison in der 1. Bundesliga

Die finanzielle Lage des Vereins erlaubte daher keine großen Investitionen in neue Spieler. Nachdem das Team mit zwei Niederlagen gestartet war, gelang am dritten Spieltag ein wichtiger Sieg gegen Borussia Mönchengladbach (3:2). Darauf folgte allerdings eine lange Serie von 21 Spielen ohne Sieg, bis das Team schließlich mit einem 3:1-Sieg gegen Eintracht Frankfurt wieder Hoffnung schöpfen konnte.

Ein besonderer Höhepunkt war das 1:1-Unentschieden gegen den FC Bayern München im Berliner Olympiastadion, das als eine der besten Leistungen der Saison angesehen wurde. Trotz der niedrigen Punktausbeute hatten die Mariendorfer am vorletzten Spieltag noch Chancen auf den Klassenerhalt, die jedoch durch eine 1:2-Niederlage gegen den Hamburger SV zunichtegemacht wurden. Mit einem 2:2-Unentschieden gegen den FC Homburg endete die Saison für die Berliner, während Torjäger Karl-Heinz Riedle, der beachtliche zehn Tore erzielt hatte, für 1,3 Millionen Mark zu Werder Bremen wechselte.

Nach dem Abstieg: Blau-Weiß 90 in finanziellen Schwierigkeiten

Trotz der Verschuldung von 1,4 Millionen Mark stand der Verein vor einer unsicheren Zukunft. Nach dem Abstieg platzierte sich Blau-Weiß mehrmals im vorderen Mittelfeld der 2. Bundesliga. In der Saison 1988/89 vereitelten drei Niederlagen am Saisonende die mögliche Rückkehr in die Bundesliga. Die finanziellen Probleme verschärften sich noch, als Hertha BSC in die 2. Bundesliga zurückkehrte, denn Blau-Weiß und Hertha wurden durch dieselbe Gerüstbaufirma gesponsert. Diese entschied sich, künftig nur noch Hertha BSC zu unterstützen.

Zudem fielen die Zuschauerzahlen drastisch. Während in der Saison 1988/89 noch durchschnittlich 6.820 Zuschauer die Heimspiele besuchten, sank die Zahl in der Saison 1990/91 auf 2.355. In der Saison 1991/92 erreichte Blau-Weiß in der Abstiegsrunde den drittletzten Platz, was normalerweise zur Relegation mit dem TSV 1860 München und dem TSV Havelse berechtigt hätte.

1992: Lizenzentzug, Konkurs und Neugründung

Allerdings vereitelte der Deutsche Fußball-Bund diese sportliche Option, indem er Blau-Weiß 90 die Lizenz für die 2. Bundesliga entzog. Am 28. Juni 1992 meldete der Verein infolgedessen Konkurs an und wurde aus dem Vereinsregister gestrichen.

Der heutige SV Blau Weiß Berlin, gegründet 1992, führt die sportliche Tradition von Blau-Weiß 90 gewissermaßen fort, ist jedoch nicht dessen Rechtsnachfolger und erwähnt dies auch nicht in seiner Satzung. Die erste Männermannschaft begann in der Kreisliga C und stieg in vier aufeinanderfolgenden Jahren in die Landesliga auf, fiel aber 2006 wieder ab. 2013 gelang der erneute Aufstieg in die Landesliga. Der Verein brachte immerhin den US-amerikanischen Nationalspieler und heutigen Bundesliga-Spieler John Anthony Brooks hervor.

 

9. Mai 1987: Mannschaftsvorstellung von Blau Weiß 90 Berlin beim Auswärtsspiel im Münchner Olympiastadion mit Torwart Reinhard Mager, Dieter Brefort, Egon Flad, Bernd Gerber, Manfred Hellmann, Alan Clarke, Dirk Schlegel, Wolfgang Schüler, Rene Vandereycken, Jörg Gaedke und Karl Heinz Riedle. / © IMAGO

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