Andreas Brehme, der Held von Rom, ist im Alter von 63 Jahren überraschend verstorben. Als elfjähriger Junge saß ich staunend vor dem Fernseher und bewunderte diesen blondgelockten Ballkünstler mit der außerordentlichen Schusstechnik und den starken Nerven. Nachruf auf eine Legende des deutschen Fußballs.
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Text: Björn Leffler
Wenn ich an Andreas Brehme denke, habe ich meist zuerst die Stimme von Gerd Rubenbauer im Kopf, der frenetisch jubelte, als Brehme im WM-Finale 1990 den entscheidenden Elfmeter gegen den argentinischen “Elfmetertöter” Goycochea verwandelte. Ein Schuss wie an der Schnur gezogen, nah an der Perfektion. Der Schuss zum dritten WM-Titel für Deutschland, nur ein halbes Jahr nach dem Fall der Mauer.
Es war der krönende Schlusspunkt eines Turniers, welches für Andreas Brehme kaum hätte besser laufen können. Im hochbrisanten Achtelfinale gegen Europameister Niederlande gelang ihm mit einem Schlenzer vom Strafraumeck das vorentscheidende 2:0 auf beeindruckende Art und Weise, im Halbfinale gegen England erzielte er das wichtige 1:0 und traf später auch im Elfmeterschießen sicher. Zu dieser Zeit – Brehme spielte in der Serie A bei Inter Mailand – war Brehme ganz sicher auf seinem fußballerischen Zenit.
Andreas Brehme lernte ich in einem WM-Rückblick der ARD kennen
Ich habe Andreas Brehme vor allem im WM-Rückblick der ARD erstmals bewusst wahrgenommen, den mein Vater auf einer VHS-Videokassette aufgenommen hatte, und den ich vermutlich hundert Mal gesehen habe. Brehmes Unterkühltheit, die Schussstärke mit beiden Füßen und die technische Eleganz haben mich immer fasziniert. Genauso wie seine Nervenstärke, im wichtigsten Spiel seiner Karriere die Verantwortung zu übernehmen, als Lothar Matthäus sich nicht sicher genug fühlte.
Später nahm ich Brehme noch anders wahr und sah ihn hin sogar noch ein paar Mal selbst live spielen. Genauso prägend wie der Weltmeister Brehme, der mit dem goldenen Pokal die Ehrenrunde im nächtlichen Römer Olympiastadion lief, ist mir der weinende Absteiger Brehme in Erinnerung geblieben. Nach dem entscheidenden Spiel in Leverkusen gegen seinen Freund Rudi Völler, der ihn im TV-Studio tröstend in die Arme nahm, während Brehme vollkommen aufgelöst war.
Brehme erfuhr die Höhen und Tiefen des Fußballgeschäfts
Doch Andreas Brehme bewies auch hier Größe, ging den bitteren Weg in die 2. Bundesliga und stieg mit dem 1. FC Kaiserslautern direkt wieder auf. In der darauffolgenden Meistersaison war sein Anteil nicht mehr entscheidend, aber bei der Überreichung der Meisterschale in Hamburg war Brehme mit auf dem Podium und war wohl vor allem erleichtert, dass die Schmach des Abstiegs auf diese einzigartige Weise getilgt werden konnte.
Die Erfolge, die Brehme als Spieler feiern konnte, waren ihm als Trainer allerdings nicht vergönnt. Von 2000 bis 2002 fungierte Brehme als Trainer des FCK, in der Saison 2004/05 übernahm er für einige Monate das Traineramt bei der SpVgg Unterhaching. Sein letztes Engagement als Assistent von Giovanni Trapattoni beim VfB Stuttgart erfolgte in der Saison 2005/06.
Am heutigen Dienstag wurde der überraschende Tod von Andreas Brehme verkündet. Brehme wurde 63 Jahre alt. “In tiefer Trauer teile ich im Namen der Familie mit, dass mein Lebensgefährte Andreas Brehme heute Nacht infolge eines Herzstillstandes plötzlich und unerwartet verstorben ist“, heißt es in einer Mitteilung von Brehmes Partnerin Susanne Schaefers. “Wir bitten, in dieser schweren Zeit unsere Privatsphäre zu wahren und von Fragen abzusehen.”
Andreas Brehme, Held von Rom: Mach es gut, Andi
Den ARD-Rückblick auf das Turnier ITALIA 90, moderiert von Waldemar Hartmann, gibt es mittlerweile sogar auf YouTube. Ich werde heute Abend wohl nochmal eintauchen in die Geschichten dieser unvergesslichen Weltmeisterschaft und vor dem Bildschirm sitzen wie damals, als elfjähriger Junge, der so wahnsinnig fasziniert war von diesem blondgelockten Nationalspieler mit der einzigartigen Schusstechnik.
Mach es gut Andi, wir werden Dich vermissen.
Hier seht Ihr den WM-Rückblick aus dem Jahr 1990, kommentiert von Uli Köhler und Gerd Rubenbauer:
Quellen: dpa, Kicker, YouTube, Bolzplatzkind