Fabian Reese in Berlin: Jenseits von Toren und Titeln

Fabian Reese ist mehr als ein Fußballprofi; er ist ein Grenzgänger, der in Berlin mehr als nur einen Verein, sondern eine zweite Heimat entdeckt hat. Zwischen den Flutlichtern des Olympiastadions und den vielseitigen Quartieren der Hauptstadt entfaltet sich eine Geschichte von Leidenschaft, Pluralität und dem Drang, die Normen des Gewöhnlichen zu überwinden – sowohl auf dem Platz als auch im Leben.

© Foto Titelbild: IMAGO / Jan Huebner
Text: Björn Leffler

 

Im Moment ist der Name Fabian Reese mehr ein Versprechen als eine tatsächliche Option für die Startelf von Zweitligist Hertha BSC, welche zumindest offensiv sukzessive zeigt, wozu das Team von Trainer Christian Fiél in dieser Saison noch fähig sein könnte.

Fabian Reese allerdings ist, genauso wie der aus Heidenheim nach Berlin gekommene Sessa, bislang noch verletzt. Sessa trainiert mittlerweile wieder mit der Mannschaft, Fabian Reese wartet noch darauf, nach seiner schweren Verletzung aus dem Testspiel gegen Energie Cottbus in den Spielbetrieb zurückzukommen.

Abwägungen und Entscheidungen: Reese bleibt Berlin treu

Reese könnte jetzt vermutlich längst in einem Rehazentrum eines Bundesligisten sitzen und an seinem Comeback arbeiten, welches grob für Oktober prognostiziert wird. Aber Reese hat sich dagegen entschieden, Berlin zu verlassen und zu einem Verein wie beispielsweise dem SC Freiburg zu wechseln.

Zumindest wurde Reese mit den Breisgauern öffentlich in Verbindung gebracht. Erst in der Winterpause hatte Reese ja mit großen (Instagram-)Gesten seinen laufenden Vertrag bei Hertha BSC vorzeitig verlängert, aber dass Verträge von Profifußballern nichts über eine mögliche Verweildauer beim aktuellen Arbeitgeber aussagen, ist hinlänglich bekannt. Eigentlich ist ein Verbleib von Fußballern bei einem jeweiligen Verein nur zwischen den im Winter und Sommer geöffneten Transferfenstern wirklich gesichert.

Ein Fußballer und seine Stadt? Reese findet seinen Platz in Berlin

Fabian Reese hat nun, erneut durchaus theatralisch und ausgesprochen kreativ, bekannt gegeben, dass er zumindest bis zur Winterpause seine persönliche und sportliche Heimat in Berlin und bei Hertha BSC sieht. Dass sich Reese und seine Freundin Johanna Grünewald in Berlin ausgesprochen wohl fühlen, lässt sich in den sozialen Medien unschwer erkennen.

Tatsächlich scheinen Fabian Reese und Berlin ein fast perfektes Match zu bilden, die persönliche und optische Transformation des Flügelspielers ist unverkennbar. Wäre da nicht die Tatsache, dass der Verein, in dem sich Fabian Reese ja offenbar auch sehr wohl fühlt, eben einfach nicht in der Bundesliga spielt.

Zwischen Ambition und Realität: Der Traum vom Wiederaufstieg

Hertha BSC möchte, wie so viele andere Zweitligisten auch, zurück in die Bundesliga. Um dies zu schaffen, braucht es Ausnahmespieler wie Fabian Reese, der sich nun – zumindest bis zum Winter – erneut der Mission Wiederaufstieg mit Hertha BSC verschrieben hat.

Dass Reese nach dem verpassten Aufstieg tatsächlich in Berlin bleibt, hätten wohl nur die wenigsten Beobachter gedacht. Sowohl Reese als auch Nachwuchstalent Ibrahim Maza waren von vielen Medien bereits zu diversen anderen Vereinen geschrieben worden, blieben am Ende aber doch.

Jenseits des Spielfelds: Reese und seine Statements zur Gesellschaft

Sportlich gesehen hätte Reese den Schritt in die Bundesliga trotz seiner aktuellen Verletzung vielleicht wagen sollen, aber neben dem Profifußballer Fabian Reese gibt es noch den Privatmensch Fabian Reese. Und der scheint in Berlin einen Ort gefunden zu haben, der ihn so sein lässt, wie er sein möchte.

Dass für Fabian Reese nicht die üblichen „Gesetze des Marktes“ greifen und er schlicht und ergreifend anders ist als der Großteil der in den deutschen Profiligen spielenden Berufskicker, das wird sehr schnell klar, wenn man die Aussagen Reeses in den zahlreichen Interviews, Artikeln und Podcasts aufmerksam liest.

Zwischen Vielfalt, Demut und Herausforderung: Reeses Engagement

Fabian Reese stellt ganz bewusst Themen wie Feminismus, Diversität, soziale Verantwortung und Individualismus in den Fokus und berichtet offen darüber, wie heftig er immer wieder für sein Aussehen oder seine Aussagen angefeindet wird. Fabian Reese spricht über Homophobie, Ausgrenzung und Intoleranz und positioniert sich sehr viel ehrlicher dagegen als viele seiner Mitspieler.

Wenn man Fabian Reese von außen betrachtet, scheint es fast so, als wäre die komplexe und ungreifbare Metropole Berlin mit all ihren städtischen Wirrungen, Widersprüchen und kleinen Wundern eine wertvolle Quelle der Inspiration, die der gebürtige Kieler abseits des Fußballplatzes einfach braucht.

Ein Leben zwischen Fußball, Mode und Kultur: Reese und die Berliner Pluralität

Fabian Reese besucht Modeveranstaltungen, Kunstgalerien oder, erst kürzlich, das Lollapalooza-Festival im – natürlich – großartig ausgeleuchteten Berliner Olympiastadion. Fabian Reese lässt sich fotografieren, in gammeligen Weddinger Fußballkneipen, an verwunschen Lost Places oder auf sonnengefluteten Straßen in Charlottenburg. Oder er lädt einfach spontan wildfremde Leute zu einem riesigen Get-Together in den Park am Lietzensee.

Bei all dem wird deutlich, dass Fabian Reese von mehr getrieben ist als von rein sportlichen Ambitionen oder finanziellen Ambitionen. Fabian Reese sagt Sätze wie „Berlin ist ein Paradebeispiel für Offenheit, für Multikulti und Diversität. Jedem Menschen hilft es, hier ein paar Jahre zu leben. Man lernt den Blick über den Tellerrand kennen. Hier heißt es: Mach dein Ding und sei stolz drauf.

Die Erkenntnis eines Fußballers: Reese und die Perspektive des Anderen

Und Reese scheint in einer fortwährenden Selbstreflektion zu stecken – und macht sich dabei grundlegende Dinge bewusst: „Für mich ist es als weißer in Deutschland geborener Mann einfacher, das zu machen, worauf ich Lust habe, ohne große Probleme oder Konfrontationen. Ich glaube, da haben es andere Menschen aus anderen kulturellen Verhältnissen deutlich schwerer.

Neben Reeses unbestrittener sportlicher Relevanz für die Mannschaft von Hertha BSC hat sich durch den meinungs- und ausdrucksstarken Mittelfeldspieler noch eine weitere, durchaus wichtige Komponente herausgebildet.

Einfluss abseits des Rasens: Wie Reese junge Fans inspiriert

Durch das, was Reese außerhalb des Platzes sagt oder tut, ist er zu einem Vorbild für viele Kinder und Jugendliche geworden, und hat maßgeblich dazu beigetragen, dass sich die gesamte Stimmung rund um den Verein in den vergangenen Jahren grundlegend gewandelt hat – fast parallel mit der Präsidentschaft von Kay Bernstein, der in den zwei Jahren vor seinem tragischen Tod auch schnell zu einer Art Role Model für viele Anhänger mutiert war, nicht nur aber auch aufgrund seiner stilprägenden blauweißen Jacke.

Dass viele männliche Jugendliche dem modebewussten Fabian Reese nacheifern, wird schnell deutlich, wenn man sich auf den Pausenhöfen von Berliner Schulen oder in Steglitzer Supermärkten umsieht – und eine ganze Menge Jungs und junge Männer mit sehr Reese-ähnlichen Frisuren oder Outfits entdeckt.

Die Leidenschaft des Fußballers: Reeses unbedingtes Streben nach Erfolg

Aber natürlich darf man nicht vergessen, dass Fabian Reese vor allem anderen ein außerordentlich ehrgeiziger Fußballer ist, der letztendlich ein großes Ziel hat: sich mit den Besten in seinem Sport zu messen.

Die Dringlichkeit, die Leidenschaft und die Unbedingtheit, mit der Fabian Reese Fußball spielt, haben ihn für einige Experten vor der vergangenen Europameisterschaft sogar zu einer Art Geheimtipp für eine Nationalmannschafts-Nominierung gemacht, obwohl Reese nur in der 2. Bundesliga spielt – noch.

Eine Kerze, die an beiden Enden brennt: Reese als Führungspersönlichkeit

Aber es sind eben nicht nur Reeses fußballerische Qualitäten, die ihn auf dem Platz auszeichnen – auch wenn sie unbestritten sind. Viel mehr noch ist Reese Anführer, Antreiber, Unruheherd und Motivator sondergleichen. Reese wirkt in der Kabine mitunter wie eine Kerze, die an beiden Enden brennt.

Es ist genau diese Einstellung zum Fußball, diese positive Form der permanenten Übermotivation, die Reese zu einem der beliebtesten Hertha-Spieler seit Jahrzehnten hat werden lassen, obwohl er gerade mal ein Jahr hier ist. Wenn man im Berliner Olympiastadion bei einem Heimspiel der Hertha zu Gast ist, ist auf den Trikots der Kinder und Jugendlichen fast nur ein Name zu lesen: “Reese”.

Eine zweite Chance für den Aufstieg: Reese bleibt in Berlin

Dass er nun entschieden hat, trotz sicher lukrativer Angebote bei Hertha BSC zu bleiben, hat seinen Status bei den blauweißen Anhängern noch einmal in neue Höhen katapultiert. Eigentlich ruft so eine Geschichte nach einem kitschigen Happy End, was in diesem Fall wohl nur der Aufstieg in die Bundesliga sein könnte.

Doch nur die wenigsten Geschichten enden mit kitschigen Happy Ends, und ob das Szenario tatsächlich in greifbare Nähe geraten wird, werden erst die kommenden Monate zeigen.

Was die Zukunft bringt: Reeses Rückkehr auf das Spielfeld

Zu hoffen ist jedenfalls, dass Reese so schnell wie möglich wieder mitwirken kann, denn von seiner Art Fußball zu spielen, profitieren nicht nur die Mannschaft und Fans von Hertha BSC, sondern auch die neutralen Beobachter.
Denn an manchen Abenden kann Fabian Reese allein das Eintrittsgeld wert sein, das hat er in der vergangenen Saison oft genug bewiesen.

Doch dies allein wird nicht reichen, um am Ende ganz oben anzuklopfen. Dafür muss das Team um Reese herum optimal funktionieren und auch seinen unbändigen Siegeswillen annehmen. Obwohl dies in der vergangenen Saison letztlich zu selten der Fall war, ist Reese geblieben und gibt dem Projekt Wiederaufstieg eine zweite Chance. Allein das ist, unbestritten, ein starkes Zeichen.

 

Ungewohnte Rolle: Aufgrund seiner Verletzung muss Fabian Reese derzeit auf der Tribüne Platz nehmen. Immerhin ist er hier in guter Gesellschaft, da seine Freundin Johanna Grünewald meist mit von der Partie ist. / © Foto Titelbild: IMAGO / Matthias Koch
Am 16. Juli verletzte sich Fabian Reese im “Freundschaftsspiel” gegen Energie Cottbus. Seitdem wartet der Flügelspieler auf eine Rückkehr ins Mannschaftstraining. / © Foto: IMAGO / Contrast
Im Oktober will Fabian Reese wieder auf dem Platz stehen und für Hertha BSC im Wettbewerb antreten, doch ob das tatsächlich klappt, ist derzeit ungewiss. / © Foto: IMAGO / Jan Huebner

 

Quellen: B.Z., RBB, Süddeutsche Zeitung, Hertha BSC, Zeit Online

Anmerkung der Redaktion: Die Zitate von Fabian Reese sind einem Interview mit der B.Z. entnommen

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