In anderen Sportarten ist sie längst unverzichtbar, beim Fußball aber tun sich die Regelhüter traditionell schwer damit. Dabei könnte die Einführung einer Zeitstrafe ein ausgesprochen nützliches Instrument sein, um die Mannschaften auf dem Fußballfeld zu disziplinieren. Warum aber sträubt sich der Fußball-Weltverband gegen die Einführung einer solchen Regelung im Profifußball? Im Amateurfußball wird die Regel seit Jahrzehnten angewandt.
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Text: Björn Leffler
Um Mannschaften auf dem Fußballfeld zur Disziplin aufzurufen, gibt es im Fußball traditionell nur wenige Möglichkeiten der Sanktionierung. Neben der gelben sowie der roten Karte hat der Schiedsrichter häufig nur die Möglichkeit, mit den Spielern einen mal mehr und mal weniger intensiven Dialog zu führen. In anderen Sportarten wie Basketball, Handball oder Eishockey gibt es ein zusätzliches und sehr probates Mittel: Die Zeitstrafe.
Man kann nun nicht behaupten, dass die Einführung einer Zeitstrafe im Fußball ein gänzlich neues Diskussionsthema ist. Schon 1969 berichtete die Berliner Fußball-Woche über Experimente des saarländischen Fußballverbandes, der die Einführung einer Zeitstrafe auf eigene Faust testete. So heißt es im Bericht darüber: “Propagiert von seinem Vorsitzenden Hermann Neuberger führte er für innersaarländische Spiele den Platzverweis auf Zeit ein, d.h. also, der Schiedsrichter soll einen Spieler für 5 oder 10 Minuten des Feldes verweisen können, ihn dann wieder mitmachen lassen.”
Im Amateurfußball wird die Zeitstrafe bereits seit Jahrzehnten angewandt
Der saarländische Verband konnte sich mit diesem forschen Vorstoß bekanntermaßen nicht durchsetzen. Sein Verbandschef, Hermann Neuberger stieg später aber sogar zum DFB-Präsidenten auf. Die Zeitstrafe allerdings verschwand für einige Jahrzehnte in den Schubladen der Regelhüter, ohne eine größere Beachtung zu finden. Zumindest im Profibereich. Im Amateurbereich stellt sich die Situation aber völlig anders dar.
Im Jugendbereich gibt es die Zeitstrafe von fünf Minuten schon seit Jahrzehnten. Im Seniorenbereich gab es sie ebenfalls bis 1991, dann verschwand sie allerdings wieder mit der Einführung der Gelb-Roten Karte. Seit 2022 gibt es die Zeitstrafe von zehn Minuten im Seniorenbereich bei Männern und Frauen wieder. Aber sie kommt nach Informationen der Sportschau nur auf wenigen deutschen Fußballplätzen zur Anwendung.
Nur drei deutsche Landesverbände lassen die Zeitstrafe im Fußball zu
Denn nur drei von 21 Landesverbänden des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) haben erklärt, die Zeitstrafenregelung anzuwenden. Neben den Verbänden aus Hessen und Bayern ist es – natürlich – der saarländische Fußballverband, der die Regelung wieder eingeführt hat. Die Saarländer und die Hessen haben – anders als die Bayern – dafür die Gelb-Rote Karte gänzlich abgeschafft. Spricht der Schiedsrichter also im Saarland oder in Hessen nach der Zeitstrafe eine weitere persönliche Strafe aus, kann es nur die Rote Karte sein.
Der DFB gibt den Landesverbänden also ausreichend Spielraum, die Zeitstrafe als Instrument anzuwenden oder nicht. Auch im Fußballverband Mittelrhein wird bereits seit längerem überlegt, ob die Zeitstrafe eingeführt werden soll. Ist die Zeitstrafe also nicht auch eine Option für den Berliner Fußball Verband? Bislang greift die Regel auf den Plätzen der Hauptstadt jedenfalls nicht. Kritiker der Regel bemängeln, dass dem Schiedsrichter damit eine weitere, schwer zu händelnde administrative Aufgabe zufällt, die er nicht allein bewältigen kann.
Ist die Regelung der Zeitstrafe für den Schiedsrichter zu schwierig zu händeln?
An diesem Kritikpunkt ist tatsächlich etwas dran. Der Schiedsrichter braucht in jedem Fall Unterstützung bei der Regelung der Zeitstrafe, vor allem dann, wenn gleich mehrere Spieler mit einer solchen Sanktion belegt werden. Im Profifußball kann dies durch die zusätzlichen Akteure am Spielfeldrand relativ leicht gewährleistet werden, im Amateurbereich ist das hingegen schon schwieriger.
Nicht nur deshalb sollte der Profifußball hier mit gutem Beispiel voran gehen und die Einführung einer solchen Regel zumindest probeweise durchführen, um zu sehen, wie gut umsetzbar ein solches Instrument wäre. Ein zusätzliches Mittel zur gelben und roten Karte könnte es dem Schiedsrichter vor allem in hitzigen Begegnungen erleichtern, das Spiel zu beruhigen. Denn eine Zeitstrafe hat wohl ein deutlich geringeres Eskalationspotenzial als ein Platzverweis. Aber herausfinden lässt sich das tatsächlich nur im Praxistest. Also liebe FIFA, nur Mut.
Quellen: Fußball-Woche, Wikipedia, Sportschau, DFB