Wir werden Helden: Unsere wilden Jahre in der Unionliga – Teil 1

Im Sommer 2005 gründeten wir unsere ambitionierte Freizeitmannschaft “Berlin United” und traten fortan in der Unionliga an – ohne selbst einen emotionalen Bezug zum 1. FC Union zu haben. Die folgenden acht Jahre wurden trotzdem zu einer großartigen Zeit, in der wir nicht nur sehr viel Fußball gespielt haben, sondern auch unheimlich viel Zeit in der “Abseitsfalle” in Köpenick verbracht haben. Und den Mythos Union Berlin haben wir in dieser Zeit auch ausgesprochen gut kennengelernt. 

© Fotos: GOOLAZO BERLIN
Text: Björn Leffler

 

Als ich im Sommer 2005 meine 23 Monate Wehrdienst hinter mich gebracht hatte, begann für mich – ich war zarte 22 Jahre alt – eine Zeit der Neuorientierung. Ich bezog meine erste Wohnung, am Boxhagener Platz in Friedrichshain, ich begann meine Ausbildung zum Verlagskaufmann und ich musste erstmalig meine Dauerkarte für Hertha BSC selbst bezahlen, da ich mit dem Auszug bei meinen Eltern voll und ganz auf eigenen Beinen stehen wollte. Aber die teure Dauerkarte schmerzte natürlich, denn von meinem Azubigehalt konnte ich mir eigentlich nur einen Wocheneinkauf für 15 Euro leisten. Dementsprechend gesund war meine Ernährung in dieser Zeit.

Während ich also einige alte Zöpfe abschneiden musste, fingen andere, ganz neue Dinge an. Aus meiner Zeit bei der Bundeswehr hatte ich mir einige Freundschaften bewahrt und traf die Jungs regelmäßig zum Fußballspielen. Meine Zeit im Vereinsfußball war in der A-Jugend des VfB Hermsdorf unspektakulär zu Ende gegangen. Und im Sommer 2005 kickten wir regelmäßig auf den Fußballplätzen zwischen Weißensee, Friedrichshain und Prenzlauer Berg. Aber nach einer Weile reichte uns das ziellose Gekicke nicht mehr.

Eine Freizeitliga sollte her – wer kam nur auf die Idee, in der Unionliga zu spielen?

Eine Freizeitliga sollte her. Ich kann in der Rückschau nicht mehr rekonstruieren, wie wir auf die Idee kamen, ausgerechnet in der Union-Liga mitzuspielen, der Freizeitliga für eingefleischte Unioner. Und wie wir es geschafft haben, so völlig ohne Union-Bezug tatsächlich auch aufgenommen zu werden, wird auch auf ewig im Nebel der Legendenerzählungen bleiben. In den folgenden Jahren standen wir jedenfalls immer wieder auf dem Prüfstand, aber später spielten dann tatsächlich auch noch einige Unioner bei uns, so dass wir uns einen gesicherten Asylstatus erarbeiten konnten.

Zudem fielen wir in den Jahren unserer Zugehörigkeit weder durch unfaires Verhalten, übermäßigen Ehrgeiz oder gar ausufernden Erfolg auf, so dass wir letztlich wohlwollend geduldet wurden. Dass ich als Hertha-Vereinsmitglied später Kapitän des Teams war und ungezählte Mannschaftsleiterversammlungen in der “Abseitsfalle” in der Köpenicker Hämmerlingstraße absolviert habe, bringt mich auch heute noch immer wieder zum Schmunzeln. Allerdings gab es in dieser Zeit noch keine sehr ausgeprägte Rivalität zwischen den Roten und den Blauen. Das wurde erst später erfunden.

Am Anfang traten wir mit weinroten Trikots an – und erinnerten schnell an den BFC Dynamo

Im ersten Jahr unseres Bestehens traten wir mit weinroten Trikots an, was unsere Gegner immer etwas stutzen ließ. Wir hatten bei der Farbwahl an den AS Rom gedacht, aber Unioner denken bei einer solchen Trikotfarbe natürlich sofort an den BFC Dynamo, was uns moderate Kritik einbrachte – und die ein oder andere unfreundliche Grätsche. Nach der ersten Saison wechselten wir dann also zu einem neutralen schwarz und weiß gestreiften Trikot, während annähernd 100 Prozent unserer Gegner – natürlich – regelmäßig in rot antrat. Unionliga eben.

Schwierig war auch die Wahl des Namens für das ambitionierte Team. Aus mehreren mitunter absurden Vorschlägen wurde am Ende der bis dato nicht vergebene Name “Berlin United” ausgewählt. Einige Jahres später benannte sich der Verein Club Italia in “Berlin United” um. Da ärgerten wir uns, dass wir uns den Namen nicht hatten schützen lassen. Aber da wir ja kein kommerzielles Interesse am Fußball hatten, konnten wir darüber hinwegsehen. Wir wollten nur spielen.

Wir wollten nur spielen – und kamen böse unter die Räder

Gut gelaunt und vollkommen naiv gingen wir dann also in unserer erste Saison in der Unionliga – und verloren nahezu jedes Spiel, mitunter haushoch. An das doch recht starke Niveau selbst in der untersten Spielklasse der Freizeitliga (es gab bis zu vier Spielklassen) mussten wir uns erst langsam gewöhnen. Doch wir orientierten uns da zielstrebig an einem der Namensvorschläge, der es letztlich nicht in die engere Auswahl geschafft hatte: “Wir werden Helden”. Und wir sollten recht behalten.

Fortsetzung folgt.

 

Die Unionliga gibt es seit 1984, und es gibt sie immer noch. Mehr Infos findet Ihr hier.

 

Aller Anfang ist schwer: Im ersten Jahr verloren wir fast alle Spiele, die meisten haushoch. / © Foto: GOOLAZO BERLIN

 

© Foto: GOOLAZO BERLIN

 

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