Der Berliner Senat möchte das Mommsenstadion in Berlin-Westend als Trainingsstätte für die anstehende Fußball-Europameisterschaft ertüchtigen und es gleichzeitig für die Anforderungen der DFL an ein drittligataugliches Stadion umrüsten. Obwohl der Senat die Kosten in Höhe von drei Millionen Euro vollständig übernehmen will, wehrt sich der Bezirk gegen diese Pläne.
© Fotos: Wikimedia Commons (Muns)
Text: Björn Leffler
Das mittlerweile mehrfach umgebaute, 95 Jahre alte Mommsenstadion an der Waldschulallee in Berlin-Westend wurde nach einem Entwurf von Fred Forbat als Ersatz für die Anlagen des SCC errichtet, die dem heutigen Messegelände weichen mussten.
In seiner ursprünglichen Form bot die Arena 1.750 Sitzplätze und 36.000 Stehplätze. Heute fasst das Stadion noch 15.000 Zuschauer – deutlich mehr, als der Fünftligist Tennis Borussia Berlin derzeit für die Durchführung seiner Heimspiele benötigt.
Mommsenstadion: Nutzer Tennis Borussia möchte zurück in die 3. Liga
Tennis Borussia strebt langfristig eine Rückkehr in den Profifußball an, also vorerst in die 3. Liga. Obwohl der seit jeher ambitionierte Verein sich also eher nach oben als nach unten orientieren will, musste in der vergangenen Saison erst einmal der bittere Gang in die Oberliga verdaut werden, denn das Team stieg aus der Regionalliga Nordost ab.
Sollte den Lilaweißen in den kommenden Jahren die Rückkehr in die 3. Liga gelingen, möchten sie natürlich auch über ein entsprechendes, drittligataugliches Stadion verfügen. Diese Pläne werden vom Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf jedoch nicht unterstützt und torpedieren gerade das Vorhaben des Berliner Senats, das Stadion als Trainingsstätte für die anstehende Fußball-Europameisterschaft umzurüsten.
Sanierung des Mommsenstadions: Streit zwischen Senat und Bezirk
Nun ist nach Informationen der Berliner Morgenpost offenbar ein offener Konflikt um die längst überfällige Renovierung des Mommsenstadions zwischen dem Land Berlin und dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf entbrannt.
Da Berlin derzeit kein nach DFL-Standards ausgestattetes Stadion für die 3. Liga hat, möchte der Berliner Senat die Gesamtkosten von drei Millionen Euro für den Umbau des Stadions in eine drittligataugliche Arena übernehmen. Allerdings weigert sich der Bezirk bisher, den erforderlichen baulichen Änderungen zuzustimmen.
Mommsenstadion: Die Modernisierung muss zeitnah beginnen
Es besteht allerdings Zeitdruck, da die Umbaumaßnahmen für den Trainingsbetrieb zur Europameisterschaft schnell geplant und umgesetzt werden müssen. Das Stadion soll bis Mitte Mai für den Trainingsbetrieb bereitstehen.
Laut Berliner Morgenpost hat die zuständige Bezirksstadträtin Schmitt-Schmelz ihre Zustimmung zum Umbau mit bestimmten Bedingungen verknüpft. Neben den Gesamtkosten von etwa drei Millionen Euro für die Sanierung des Stadions soll das Land auch zusätzliche Mittel für ein neues Funktionsgebäude des SCC und eine neue Laufanlage bereitstellen.
Der Bezirk knüpft die Modernisierung des Stadions an weitere Bedingungen
Für die Europameisterschaft müssen im Stadion ein neuer Rasen nach UEFA-Standards verlegt und Sicherheitsinvestitionen getätigt werden. Der Senat beabsichtigt aber, diesen Anlass gleichzeitig zu nutzen, um das Stadion für einen möglichen Aufstieg einer Berliner Mannschaft in die 3. Liga vorzubereiten. So sollen zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden.
Hierfür ist gemäß den neuesten DFL-Vorgaben der Einbau einer Rasenheizung erforderlich. Zusätzlich soll die Zuschauerkapazität auf 5.000 Plätze reduziert werden, und es muss eine Verwahrmöglichkeit für potenziell randalierende Fans geschaffen werden, indem ein Container auf dem Gelände aufgestellt wird.
Senat zeigt sich von der Blockadehaltung des Bezirks überrascht
Sportstaatssekretärin Franziska Becker zeigt sich von der Blockadehaltung des Bezirks überrascht: “Das Land stellt die Mittel zur Verfügung, der Umbau geht nicht zulasten des Bezirks. (…) Die Ertüchtigung des Mommsenstadions ist zwingend notwendig, damit der Drittligabetrieb gesichert ist.”
Derzeit kämpfen fünf Mannschaften um den Aufstieg in die 3. Liga, zwei davon aus Berlin: Neben dem BFC Dynamo steht auch Viktoria Berlin auf einem aussichtsreichen Tabellenplatz. Der Bedarf könnte also sehr schnell entstehen.
Bezirk möchte offenbar gar keinen Drittligafußball im Mommsenstadion
Bezirksstadträtin Heike Schmitt-Schmelz (SPD) jedoch hält den Plan des Senats, die Ertüchtigung des Stadions als Trainingsstätte für die EURO 2024 mit dem Umbau in ein drittligataugliches Stadion zu verknüpfen, für zeitlich nicht machbar.
Der Bezirk plädiert darüber hinaus grundsätzlich dafür, diese beiden Projekte getrennt zu betrachten. Die Stadträtin äußerte zudem klare Bedenken hinsichtlich der Absicht, das Mommsenstadion für den Profifußball zu optimieren.
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf: viele weitere Nutzer im Mommsenstadion
Generell stimmt sie zwar zu, dass Berlin ein geeignetes Stadion benötigt, falls einer der Hauptstadtclubs aus der Regionalliga aufsteigen sollte. Allerdings wird das Mommsenstadion auch von zahlreichen Freizeitsportlern, Spitzen-Leichtathleten und einem American-Football-Bundesligateam genutzt. Daher lehnt der Bezirk es ab, die Anlage an 19 Spieltagen pro Saison für andere Nutzungen zu sperren.
Beim Berliner Fußball-Verband löst der Streit zwischen Bezirk und Senat Unverständnis aus. BFV-Präsidiumsmitglied Klaus Sonnenschein machte gegenüber der Berliner Morgenpost klar, dass er die Pläne des Berliner Senats klar unterstützt.
Berliner Fußball-Verband unterstützt die Pläne des Senats
So sagte Sonnenschein wörtlich: “Die zeitnahe Ertüchtigung eines Stadions für die Anforderungen der 3. Liga ist für die Berliner Sportmetropole unerlässlich und wird durch den Berliner Fußball-Verband schon seit vielen Jahren gefordert. (…) Wir begrüßen ausdrücklich, dass das Land Berlin bereit ist, die dafür notwendigen Umbaumaßnahmen im Mommsenstadion im Zuge der Vorbereitungen für die UEFA EURO 2024 nun kurzfristig umzusetzen.”
Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf steht also sowohl durch den Berliner Senat als auch durch den Berliner Fußball-Verband unter Druck, das Stadion für die gewünschte Nutzung als Drittliga-Stadion zuzulassen.
Berliner Senat muss Alternativen zum Mommsenstadion prüfen
Sollte der Bezirk das verweigern und sich die Diskussion weiter in die Länge ziehen, wäre die Sanierung der Sportstätte zur Europameisterschaft gefährdet. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Senat dann auf eine andere Sportstätte ausweichen wird, die sich über eine vom Berliner Senat finanzierte Modernisierung sicher freuen würde.
Zudem stünde der Verein Tennis Borussia, sollte in den kommenden Jahren der angepeilte Sprung in die 3. Liga gelingen, weiterhin ohne ein Stadion für die 3. Liga da und müsste dann auf eine andere Sportstätte ausweichen. Zudem riskiert der Bezirk, die in Aussicht gestellten Finanzmittel für die nötige Sanierung des Stadions wissentlich auszuschlagen. Davon wären letztlich alle Sportlerinnen und Sportler betroffen, die die Anlage nutzen.
Quellen: Berliner Morgenpost, RBB, Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, Berliner Fußball-Verband, Landessportbund Berlin
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