Der 1. FC Union Berlin nutzt das Wintertransferfenster, um die in Abstiegsnot geratene Mannschaft umfassend umzubauen. Sechs Abgängen stehen derzeit zwei Neuzugänge gegenüber – Stand jetzt. Aber auch die Zukunft von Unions Manager Oliver Ruhnert scheint derzeit offen. Ruhnert liebäugelt offenbar mit einem Wechsel in die Politik.
© Fotos: Union Berlin
Text: Björn Leffler
Der 1. FC Union Berlin arbeitet derzeit ganz offensichtlich an einem “Umbruch Light”, was seinen aktuellen Spielerkader angeht. Mittlerweile stehen in der aktuellen Wintertransferperiode sechs Abgänge zu Buche. Darunter ist auch der erst im Sommer verpflichtete Mittelfeldspieler Leonardo Bonucci, der die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllen konnte.
Unions Manager Oliver Ruhnert arbeitet offenbar mit Hochdruck daran, den Kader, den die Köpenicker für die 1. Bundesliga und die Champions League zusammengestellt hatten, zu optimieren. Denn die bisher gezeigten Leistungen waren, mit wenigen Ausnahmen, eher ernüchternd. Auch unter dem neuen Trainer Nenad Bjelica konnte sich das Team bislang spielerisch nicht befreien.
Das Team von Union Berlin sucht noch immer seine spielerische Balance
Zwar gelang beim Auswärtsspiel in Freiburg am vergangenen Wochenende ein eher glücklicher Punktgewinn, doch den Verantwortlichen des Vereins ist ein weiteres Mal offenbart worden, dass das Team derzeit große Defizite in mehreren Bereichen aufweist. Neben Bonucci haben die Rotweißen auch Keita Endō, Yannic Stein, David Fofana und auch den einstigen Leistungsträger Sheraldo Becker abgegeben.
Becker schließt sich dem spanischen Erstligisten Real Sociedad San Sebastián an. Für Berlins “Profifußballer der Saison 2022/23” endet das Kapitel Union somit nach 140 Partien. Mit Becker geht ein Spieler, der in den vergangenen Jahren außerordentliche Leistungen für den Verein gezeigt hat und sinnbildlich für die bemerkenswerte Effektivität der “Eisernen” stand.
Leistungsträger Sheraldo Becker verlässt Union Berlin in Richtung Spanien
Seine stärkste Saison spielte Becker in der vergangenen Spielzeit: 48 Pflichtspiele absolvierte das Team des damaligen Trainers Urs Fischer, Sheraldo Becker war in jeder Partie dabei, erzielte insgesamt zwölf Treffer und legte den Kollegen weitere zehn Tore auf. Nun zieht es den Nationalspieler in die spanische “La Liga”.
Da durch Beckers Vereinswechsel und die vorzeitig beendete Leihe von David Fofana, der zum FC Chelsea zurückkehrt, im Sturm zwei Vakanzen entstanden sind, hat Kevin Ruhnert am gestrigen Donnerstag die Verpflichtung von Chris Bedia verkündet. Bedia kommt vom FC Servette Genf nach Köpenick.
Stürmer Chris Bedia kommt von Servette Genf nach Berlin
In der abgelaufenen Saison entwickelte sich Chris Bedia trotz einer Verletzungsunterbrechung von 13 Partien zum Stammspieler bei Servette Genf und hatte mit zwölf Treffern und drei Vorlagen einen großen Anteil an der Vizemeisterschaft der “Les Grenats”. In der aktuellen Saison konnte der Mittelstürmer in der Schweizer “Super League” an die guten Leistungen anknüpfen: In 17 Einsätzen schoss er zehn Tore und legte drei weitere Treffer auf.
Als Ersatz für den zu Fenerbahce Istanbul gewechselten Bonucci verpflichteten die Unioner Kevin Vogt, der von der TSG Hoffenheim nach Berlin wechselte und bei Union Berlin seine mittlerweile sechste Bundesliga-Station absolviert. Vogt kam bereits beim Spiel in Freiburg zum Einsatz. Viel Bewegung also im Kader der Rotweißen, die gerade in einer so angespannten Situation wie der jetzigen – Union steht nur drei Punkte vor dem Relegationsplatz – nicht einfach zu bewerkstelligen ist.
Trainer Nenad Bjelica kommt die Spielabsage in Mainz nicht ungelegen
Trainer Nenad Bjelica wird daher nicht wirklich traurig sein über die winterbedingte Absage des für heute Abend angesetzten Spiels in Mainz. So bleibt dem Trainer noch eine zusätzliche Trainingswoche, in der sich das neu formierte Team aneinander gewöhnen kann. Zudem ist nicht ausgeschlossen, dass Union noch weitere Spieler verpflichtet, immerhin ist das Transferfenster noch bis zum 31. Januar geöffnet.
Gerüchte gibt es derzeit auch über die Zukunft von Manager Kevin Ruhnert selbst, dem schon seit Längerem ein Wechsel in die Bundespolitik nachgesagt wird. Darüber hatte zuletzt die Berliner Zeitung berichtet. Bis vor kurzem wurde Ruhnert immer wieder mit Schalke 04 oder dem SV Werder Bremen in Verbindung gebracht. Nun hat er in einem Interview aber angedeutet, dem Sport womöglich gänzlich den Rücken kehren zu wollen.
Ruhnert: “Ich schließe es nicht aus, einmal in die Bundespolitik zu gehen”
In einem Interview mit der Sport Bild hatte Ruhnert kürzlich gesagt: “Es ist ja kein Geheimnis, dass Sahra Wagenknecht und ich uns sehr gut kennen, dass ich sie schätze. Ich finde ihr Projekt interessant und spannend. Aber klar ist auch: Ich habe bei Union einen Vertrag. Von daher gibt es jetzt im Moment auch nichts zu sagen. Alles ist Zukunftsmusik.”
Damit bestätigte Ruhnert indirekt Gerüchte, dass er sich dem neu gegründeten Bündnis von Sahra Wagenknecht anschließen könnte. Dennoch pocht Ruhnert auf der Erfüllung seines Vertrags beim 1. FC Union. Doch dass seine berufliche Zukunft außerhalb der Fußballbranche liegen könnte, hat Ruhnert damit nicht zum ersten Mal angedeutet.
Kevin Ruhnert wird eine Nähe zum Bündnis Sarah Wagenknecht nachgesagt
“Ich schließe es nicht aus, einmal in die Bundespolitik zu gehen. Das finde ich hoch spannend. Aber mir ist schon bewusst, dass ich das mit meiner jetzigen Tätigkeit bei Union Berlin zeitlich nicht vereinbaren kann. Deswegen gibt es diese Option für mich nur nach dem Fußball. Doch klar ist auch: Wenn man in die Bundespolitik will, dann sollte man nicht noch fünf Jahre warten,” so Ruhnert gegenüber der Sport Bild weiter.
Bisher hat er die Position des Fraktionsvorsitzenden der Linken im Stadtrat Iserlohn inne. Regelmäßig pendelt er zwischen seinem Berliner Wohnort und seiner Heimat, wo er auch als Schiedsrichter Fußballspiele im Amateurbereich leitet.
Kevin Ruhnert zwischen sportlichen und politischen Herausforderungen
In Bezug auf die Möglichkeit, dass die gesamte Stadtratsfraktion zur Wagenknecht-Partei wechselt, äußerte sich Ruhnert gegenüber der Berliner Zeitung wie folgt: “In der Iserlohner Fraktion diskutieren wir natürlich auch die veränderten politischen Gegebenheiten. Diesen Prozess werden wir in den nächsten Wochen mit einer Entscheidung abschließen, wie wir zukünftig auftreten wollen.”
Zwischen den Zeilen liest es sich derzeit jedenfalls nicht so, als würde Ruhnert derzeit eine Vertragsverlängerung beim 1. FC Union favorisieren, aber wirklich in die Karten schauen lassen möchte sich der Architekt des Erfolgs der vergangenen Jahre natürlich nicht. Derzeit konzentriert er sich vorerst darauf, die Mannschaft gut für die anstehende Rückrunde zu rüsten. Diese Aufgabe ist wohl erst einmal herausfordernd genug.
Quellen: 1. FC Union Berlin, Berliner Zeitung, Sport Bild, weltfussball.de