Die DFB Elf in Berlin: Fünf große Spiele der Nationalmannschaft im Berliner Olympiastadion

Die Stimmung rund um die deutsche Nationalmannschaft befindet sich derzeit auf einem gefühlten Tiefpunkt, dabei steht im kommenden Sommer die Europameisterschaft im eigenen Land an. Auch in Berlin könnte sich das DFB-Team wieder in die Fußball-Geschichtsbücher spielen, wie es auch vergangenen Auswahlteams bereits gelungen ist. Wir haben fünf große Spiele der Nationalmannschaft in Berlin zusammengefasst.

© Fotos: depositphotos.com
Text: Björn Leffler

 

Derzeit ist es ja noch schwer vorstellbar, aber im kommenden Jahr eröffnet sich der Auswahl des DFB im Rahmen der in Deutschland stattfindenden Europameisterschaft wieder einmal die Möglichkeit, in die Geschichtsbücher der Sportgeschichte einzugehen. Historisch schlecht allerdings war das Abschneiden der Mannschaft vor allem bei den letzten drei Turnieren, bei denen nur bei der Europameisterschaft 2021 – mit Müh und Not – zumindest die Vorrunde überstanden wurde.

Bei den Weltmeisterschaften in Russland 2018 und Katar 2022 allerdings hieß es bereits nach drei Spielen schon: ab nach Hause! Derzeit könnte die Stimmung rund um die Nationalmannschaft also trister kaum sein, von Begeisterung keine Spur. Zu dürftig waren die Leistungen auch nach der verkorksten Wüsten-WM. Vor den nun anstehenden Länderspielen gegen Japan und Frankreich unken nicht wenige, dass es die letzten Spiele von Hansi Flick als Bundestrainer sein könnten.

Übersteht Bundestrainer Hansi Flick die Länderspiele gegen Japan und Frankreich?

Dabei ist die derzeitige Stimmung durchaus vergleichbar mit der Atmosphäre kurz vor dem späteren “Sommermärchen” 2006, als nur die größten Optimisten der Nationalmannschaft eine bessere Platzierung als den Einzug ins Achtelfinale zutrauten. Zuvor war das Team bei der EURO 2004 in der Vorrunde gescheitert und in den Freundschaftsspielen vor dem Turnier – unter anderem war ein 1:4 in Florenz gegen Italien dabei – machte das Team kaum den Eindruck, dass es um den Titel würde mitspielen können.

Doch dann kam es anders. Die von Jürgen Klinsmann trainierte Elf spielte frisch und mit großem Tatendrang auf und euphorisierte ein ganzes Land. Vor allem der Krimi gegen die bärenstarken Argentinier, bei dem sich das DFB-Team im Berliner Olympiastadion erst im Elfmeterschießen durchsetzen konnte, ließ die Deutschen kollektiv vom vierten Stern träumen. Doch in einem weiteren Fußballdrama scheiterte das Team dann im Halbfinale am späteren Weltmeister Italien.

Das Viertelfinal-Duell im Berliner Olympiastadion jedoch ist im Gedächtnis der deutschen Fußballgemeinde verblieben und hat einen festen Platz in den zahlreichen Heldenerzählungen rund um die Nationalmannschaft inne. Vor allem der Zettel lesende Jens Lehmann wurde zum historischen Helden dieses unvergesslichen Nachmittags. Die Nationalmannschaft spielte in Berlin jedoch noch weitere, aufsehenerregende Spiele, die wir hier für Euch zusammengetragen haben. Berlin war, das zeigt unsere Zusammenstellung, für das DFB-Team meist ein gutes Pflaster. Wer weiß, vielleicht ist dies ja auch ein gutes Omen für die anstehende Europameisterschaft im Sommer 2024.

Die deutsche Nationalmannschaft in Berlin – Eine Auswahl

Deutschland vs Bulgarien (3:1) – November 1995

Besser konnte der Rahmen für eine Revanche nicht sein, und es würde eine doppelte sein. Die Bulgaren hatten das DFB-Team, den amtierenden Weltmeister, nicht nur überraschend aus dem Viertelfinale der WM 1994 in den USA gekegelt (2:1), sondern sie auch im Hinspiel der Europameisterschafts-Qualifikation in Sofia mit 3:2 geschlagen (obwohl das DFB-Team dort schon mit 2:0 geführt hatte). In Berlin also, an einem kühlen Novemberabend des Jahres 1995, sollte die Entscheidung darüber fallen, ob Deutschland zur EM 1996 nach England fahren würde. Im sanierungsbedürftigen Olympiastadion warteten 76.000 Zuschauer, die seit fast anderthalb Jahrzehnten keinen erstklassigen Fußball mehr gesehen hatten. Entsprechend aufgeladen war die Atmosphäre. Doch wieder schienen die Bulgaren den Partycrasher spielen zu wollen und gingen nach der Pause glücklich mit 1:0 durch Spielmacher Stoichkov in Führung. Doch zwei Klinsmann-Tore und ein Freistoßtor von Thomas Häßler verwandelten das Olympiastadion in ein Tollhaus. Ein Jahr später konnte diese Elf in England schließlich Europameister werden.

 

Deutschland vs Chile (1:0) – Juni 1974

Am 14. Juni 1974 bestritt Deutschland das erste Spiel bei einer Fußball-WM im eigenen Land, und zwar im Berliner Olympiastadion gegen den Außenseiter Chile. Über 83.000 Zuschauer wollten das Spiel sehen, natürlich war das Stadion, welches für die Weltmeisterschaft mit zwei futuristischen Tribünendächern und vier Flutlichtmasten ausgestattet worden war, an diesem Nachmittag ausverkauft. Den ganz großen Fußball sollten die Fans der DFB-Elf allerdings nicht zu sehen bekommen, das Spiel war ausgesprochen zäh. Dennoch gelang dem Schützen des Siegtores, Paul Breitner, mit seinem Fernschuss zum 1:0 eines der schönsten Tore der gesamten Weltmeisterschaft (18. Minute). Und tatsächlich gelang es dem Team, im eigenen Land zum zweiten Mal nach 1954 Weltmeister zu werden. Den ersten Schritt zum Titel hatten sie im Berliner Olympiastadion getan.

 

Deutschland vs Schweden (4:4) – Oktober 2012

Vor 72.369 Zuschauern traten die Mannen von Jogi Löw im Oktober 2012 im Rahmen der Qualifikation zur Fußball-WM 2014 im Berliner Olympiastadion gegen Schweden an. Was anfangs nach einer klaren Angelegenheit aussah, verwandelte sich in eine der spektakulärsten Aufholjagden der schwedischen Fußballgeschichte. Das deutsche Team war durch Tore von Klose (2), Mertesacker und Özil auf 4:0 enteilt, und im Stadion wogte entspannt die La Ola durchs weite Rund. Dann traf Zlatan Ibrahimović in der 62. Minute zum 1:4 und das DFB-Team begann erstaunlicherweise zu wackeln. Mikael Lustig traf nur zwei Minuten später zum 2:4, Johan Elmander gut zehn Minuten später zum 3:4. In der 90. Minute war es dann Rasmus Elm, der zum 4:4-Endstand für das schwedische Team traf. Trotz der vergebenen Führung erkannte Zlatan Ibrahimović offenbar die Qualität der DFB-Elf, denn nach dem Spiel sagte er: “Wir haben heute gegen den kommenden Weltmeister gespielt.” Er sollte recht behalten.

 

Deutschland vs Portugal (1:1) – September 1997

Ein ganz in Weiß getauchtes Olympiastadion empfing die Nationalmannschaften Deutschlands und Portugals zum WM-Qualifikationsspiel am 6. September 1997, einem warmen Spätsommerabend. Sponsor adidas hatte für alle 76.000 Zuschauer gratis Trikots der Nationalmannschaft verteilt, und auf der Gegentribüne wurde mit weißen und grünen Sitzkissen der Schriftzug “WM 2006” gebildet. Deutschland hatte also längst den Wahlkampf zur Ausrichtung einer weiteren Heim-WM gestartet, und das Länderspiel im Olympiastadion bildete einen würdigen Rahmen. Auf dem Spielfeld tat sich das Team von Bundestrainer Berti Vogts jedoch lange schwer. Pedro Barbosa erzielte 20 Minuten vor Schluss das nicht unverdiente 1:0 für die Gäste, doch Ulf Kirsten gelang in der 81. Minute der Ausgleich. Zu mehr reichte es allerdings nicht, aber die Weltmeisterschaft sollte neun Jahre später tatsächlich in Deutschland stattfinden.

 

Deutschland vs Argentinien (1:1 n.V., 4:2 i.E.) – Juni 2006

Die Straßen der Hauptstadt waren leergefegt an jenem 30. Juni 2006, als Deutschland einen der Topfavoriten auf den WM-Titel im mit 72.000 Zuschauern ausverkauften Berliner Olympiastadion empfing – und selber Außenseiter war. Was folgen sollte, war eines der dramatischsten Spiele der deutschen WM-Geschichte, an dessen Ende ein Sieg im Elfmeterschießen stand, der Jens Lehmann auf ewig in den Heldenolymp des deutschen Fußballs erhob. Im Olympiastadion hatten zuvor über 120 Minuten die argentinischen Fans ein gesangliches Feuerwerk abgebrannt, am Ende jedoch jubelten die Fans der deutschen Mannschaft. Nicht nur im Stadion, sondern auch auf den Straßen Berlins, wo sich spontan mehrere Jubelfeiern bildeten – auf dem Kurfürstendamm, im Simon-Dach-Kiez oder an der Siegessäule. Dass es letztlich mit dem WM-Titel doch nicht geklappt hat, trübt die Erinnerung an einen der bewegendsten Nachmittage der Weltmeisterschaft 2006 kaum ein.

 

 

Fußball-WM 2006: Ein Sponsor ließ den Berliner Fernsehturm in einen Fußball verwandeln, jedenfalls optisch. Die wahren Highlights spielten sich aber nicht am Alexanderplatz ab, sondern im Olympiastadion im Westend. / © Foto: depositphotos.com

 

Im kommenden Jahr werden sechs Spiele der Europameisterschaft 2024 im Berliner Olympiastadion ausgetragen, inklusive Finale. Vielleicht wird auch die deutsche Nationalmannschaft hier wieder legendäre Spiele bestreiten.

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