Franz Beckenbauer, der Kämpfer: Die falsche Legende von Eleganz und Leichtigkeit

Leichtigkeit und Eleganz waren stets Attribute, die man dem Fußballspiel Franz Beckenbauers zuschrieb. Doch dem “Kaiser” des deutschen Fußballs war nicht alles so zugeflogen, wie es die heutige Legendenerzählung Glauben machen will. Beckenbauer opferte dem fußballerischen und sportpolitischen Erfolg letztlich alles – und bezahlte später bitter dafür, körperlich wie seelisch. Unser Autor Wolfgang Leffler erinnert sich an das große Idol seiner Jugend.

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Text: Wolfgang Leffler

 

Für uns junge Spieler, die noch in den Schülerligen kickten, war Franz Beckenbauer die Lichtgestalt im deutschen Fußball schlechthin. Bei der Fußball-WM 1966 in England, die wir als Jungen das erste Mal bewusst verfolgten, ging sein Stern auf und er war für uns Jugendliche der Spieler mit der größten Ausstrahlung, dem wir alle nachzueifern versuchten.

Diese 1966er Weltmeisterschaft im Mutterland des Fußballs bedeutete für Beckenbauer den Durchbruch zum internationalen Star, der als 21-jähriger Mittelfeldspieler immerhin vier Treffer im Turnierverlauf erzielte, was Rang drei in der Torjägerliste bedeutete. Was war das Besondere am Fußball, den Franz Beckenbauer kreierte?

Franz Beckenbauers Spiel: Leichtigkeit, Eleganz, Effektivität

Es war seine Leichtigkeit und Eleganz, die wir als junge Spieler bei der Weltmeisterschaft in England und später in der Bundesliga oder internationalen Europacupspielen mit Staunen verfolgten.

Im Finale von Wembley 1966 war Beckenbauer direkter Gegenspieler von Bobby Charlton, die beiden neutralisierten sich quasi, aber Beckenbauers Offensivqualitäten wurden durch diese Defensivrolle doch erheblich beschnitten.

Beckenbauers Art, Fußball zu spielen, war in Deutschland neu und ungewöhnlich

Seine Art, Fußball zu spielen, war in Deutschland neu und ungewöhnlich und vermittelte den Zuschauenden das Gefühl virtuoser Intelligenz. Mit dieser Makellosigkeit erreichte er ein Publikum, welches vorher eher in Konzerte oder Opern ging.

Franz Beckenbauer machte mit seiner Spielweise den Fußball in Deutschland gesellschaftsfähig, er holte den Fußball aus seinem “dreckigen” Image heraus und erzeugte großes, neues Interesse an der Sportart Fußball in großen Schichten des Bildungsbürgertums.

Beckenbauer wurde bereits 1963 Vater eines unehelichen Sohnes

Aber neben dem Fußballer Franz Beckenbauer gab es auch den Familienmenschen, der bereits 1963 Vater eines unehelichen Sohnes wurde, den er später gemeinsam mit seiner ersten Frau adoptierte.

Franz Beckenbauer hatte offenbar ‚Schlag bei den Frauen‘ und so kursierten immer wieder Geschichten um seine Ausreißversuche aus diversen Nachwuchs-Trainingscamps des Deutschen Fußballbundes, bis man ihm Detmar Cramer aus dem Trainerstab als Zimmerpartner an die Seite gab, der auf den jungen Beckenbauer aufpassen sollte. Detmar Cramer war später bei Bayern München auch für kurze Zeit sein Vereinstrainer.

Mit 23 Jahren hatte Beckenbauer bereits eine fünfköpfige Familie

Und so hatte Franz Beckenbauer mit 23 Jahren bereits eine fünfköpfige Familie, wobei er – das gab er selbst offen zu – dafür eigentlich gar keine Zeit hatte, denn Beckenbauer hatte mit seinem traumhaft schönen Fußball Interessenten geweckt, die in ihm ein Investment in die Zukunft sahen.

Es war dann Robert Schwan, der Manager des FC Bayern München, der Ihn zur Werbefigur machte und mit seiner Rundumbetreuung ein Sorglospaket schnürte.

Und so wurde Beckenbauer immer mehr ein Medien– und Popstar, bis letztendlich die Presse aus ihm den ‚Kaiser‘ machte, in Anlehnung an den österreichischen Kaiser Franz.

1969 gelang der erste internationale Erfolg: Europapokalsieg mit den Bayern

Nach der Fußball-Weltmeisterschaft 1966 stellte sich neben nationalen Erfolgen, wie drei DFB-Pokalsiegen im Zeitraum 1966 bis 1969 und der ersten Deutschen Meisterschaft nach 1932 – im Jahr 1969 auch der erste internationale Erfolg ein. Der Gewinn des Europapokals der Pokalsieger gelang 1967 mit einem 1: 0 gegen die Glasgow Rangers.

Franz Beckenbauer bewies sowohl bei nationalen als auch internationalen Spielen, dass er neben seiner virtuosen Leichtigkeit im Spiel auch durchaus in der Lage war, zu kämpfen.

Wenn es darauf ankam, konnte Beckenbauer nicht nur schön spielen, sondern auch kämpfen

Wenn es darauf ankam, war er der Fels in der Brandung und kämpfte bedingungslos für den Erfolg der Mannschaft; nicht nur aufgrund seiner Autorität und Führungsrolle als Kapitän, sondern auch durch gnadenlosen Einsatzwillen bis zur letzten Minute. Und dies war auch ein Beleg dafür, dass die spürbare Leichtigkeit und technische Eleganz nicht von ungefähr kam, denn auch dafür hatte Beckenbauer hart gearbeitet und alles für seine körperliche Fitness getan. Ohne diese wäre auch die Technik im Spiel und Makellosigkeit seiner Auftritte nicht möglich gewesen.

Das bewies er zur Genüge, so bei der Fußball-WM in Mexiko 1970, wo wir alle noch die Bilder von seinem in einer Schlinge fixierten verletzten rechten Arm im Halbfinale gegen Italien vor Augen haben. Beckenbauer spielte trotz der Verletzung weiter, bis zum Ende der Verlängerung.

Fußball-WM 1974: Beckenbauer erweist sich als echter Mannschaftsführer

Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1974 im eigenen Land bewies Franz Beckenbauer, dass er ein echter Kapitän war. Nach den zwei Gruppenspielen gegen Chile und Australien, die glanzlos gewonnen wurden, folgte im dritten Gruppenspiel die DDR als Gegner, ein besonderes Spiel, speziell für den Bundestrainer Helmut Schön mit seiner Vergangenheit als ehemaliger Spieler des Dresdner SC.

Nach der 0:1 Niederlage gegen die DDR war es Franz Beckenbauer, der in der darauffolgenden Nacht bis in die Morgenstunden bei Bier und Schnaps die Mannschaft einschwor und dem Bundestrainer ins Gebetbuch schrieb, wie die Mannschaft in den nächsten Spielen aufzustellen sei. Helmut Schön berücksichtigte dies und das Ergebnis kennen wir alle: Sieg im Endspiel von München, mit 2:1 gegen die Niederlande mit ihrem Superstar Johann Cruyff.

Ohne Franz Beckenbauer hätte es den Gewinn der Fußball-WM 1974 nicht gegeben

Übrigens hat Franz Beckenbauer nach der Niederlage gegen die DDR mit den DFB-Funktionären auch eine adäquat zu anderen Nationalmannschaften übliche Erfolgsprämie von siebzigtausend D-Mark bei Gewinn der Weltmeisterschaft ausgehandelt; im Vorfeld der WM hatte der DFB mit den Spielern das Thema Prämie noch nicht einmal in den Mund genommen.

Ohne Franz Beckenbauer wäre der Gewinn der zweiten Weltmeisterschaft für Deutschland 1974 nicht zustande gekommen und so wurde Beckenbauer immer mehr zur Kultfigur des deutschen Fußballs und lebte danach auf einem eigenen Planeten.

Bayern München gewann den Europapokal der Landesmeister dreimal in Folge

Neben den Spielen in der deutschen Bundesliga, die die Bayern nach 1974 mehr schlecht als recht über die Bühne brachten, ging es international mit drei hintereinander folgenden Siegen im Europacup der Landesmeister, der heutigen Champions League, fulminant weiter.

Aber 1977 kam der für Beckenbauer der erste negative Einschnitt in seinem bis dato nur von Erfolg gekrönten Fußballerdasein, denn die Münchner Steuerbehörden bezichtigten ihn der Steuerhinterziehung und initiierten ein regelrechtes Kesseltreiben gegen ihn. Zum Glück hatte Beckenbauer in München mit dem damaligen Ministerpräsidenten Franz Josef Straus einen politischen Schutzengel, so dass er ungestraft davonkam.

Allerdings war spätestens nach diesem Vorfall und der Tatsache, dass sein Liebesgeplänkel mit Diana Sandmann – einer ehemaligen Sportfotografin – in München auf Dauer nicht mehr zu verheimlichen war, der Zeitpunkt gekommen, dem deutschen Fußball und der Stadt München den Rücken zu kehren und seine Heimat zu verlassen.

1977: Neustart bei Cosmos New York

So heuerte Franz Beckenbauer im Mai 1977, im Alter von 31 Jahren, beim US-amerikanischen Fußballklub Cosmos New York an, wo bereits Pelé seine Brötchen verdiente und der zur Warner Group gehörte, entfloh somit den Steuer-, Geld- und Eheproblemen in Deutschland, wobei die Ehe mit seiner ersten Frau Brigitte und den drei Kindern vorerst weiter bestand.

Für Franz Beckenbauer war es der Beginn eines Aufbruchs, er schlug quasi mit diesem Schritt ein für ihn neues Bildungskapitel auf, was ihm für seine späteren Funktionen als Trainer oder Funktionär beim Deutschen Fußballbund zum Vorteil gereichen sollte.

1980: Rückkehr nach Deutschland und Comeback beim HSV

Dann erfolgte 1980 der Ruf aus Deutschland, vom Hamburger Sportverein mit seinem Manager Günter Netzer, der ihm einen Zweijahresvertrag anbot. Insgeheim steckte hinter dieser Verpflichtung wohl eine Marketingidee des HSV, dem damals erfolgreichsten Fußballklub Deutschlands. Befeuert vom Springer-Konzern und der dazugehörigen BILD-Zeitung.

Die Zeit beim HSV war für Franz Beckenbauer jedoch eine durchwachsene Zeit mit vielen Verletzungen und Rückschlägen. Mit seinen mittlerweile 35 Jahren, davon knapp 20 Jahre als Profifußballer, war das zum damaligen Zeitpunkt nicht wirklich überraschend. Zudem hatten ihm die drei Jahre in den USA, in denen er fast ausschließlich auf Kunstrasen gespielt hatte, zusätzlich geschadet.

1983 beendete Franz Beckenbauer seine aktive Laufbahn als Spieler

1983 beendete Franz Beckenbauer seine aktive Zeit als Profifußballer und hatte nun Zeit, sich um seine Familie zu kümmern. Aber das hielt nicht lange vor, denn Beckenbauer war auch ein Getriebener.

Nach der verkorksten Europameisterschaft 1984 in Frankreich, wo die DFB-Elf im entscheidenden Spiel gegen Spanien in letzter Minute mit 0:1 unterlag und den Sprung ins Halbfinale verpasste, war es wohl Paul Breitner, damals Kolumnist der BILD-Zeitung, der Franz Beckenbauer als neuen Teamchef der Fußball-Nationalelf ins Spiel brachte. Auch hier hatte die Springer-Presse also ihre Finger im Spiel.

1984: Nominierung als DFB-Teamchef

Nach anfänglichem Zögern sagte Beckenbauer schließlich dem DFB zu und übernahm als Teamchef – Trainer durfte er sich mangels Trainerlizenz nicht nennen – die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. Die Trainingsarbeit wurde von Berti Vogts erledigt. Auch hier zeigt sich ein Fakt, den man bei Franz Beckenbauer immer wieder feststellte – er konnte nicht NEIN sagen.

Und so startete er die Mission Nationalmannschaft, die schlussendlich 1990 zum Gewinn der dritten Fußball-Weltmeistermannschaft in Italien führen sollte. Vorher hatte man bereits 1986 die Vize-Weltmeisterschaft in Mexiko erreicht, wo das Finale gegen Argentinien mit Diego Maradona mit 2:3 verloren ging.

Im Zuge der Europameisterschaft 1988 im eigenen Land, die verdientermaßen die Niederlande gewann, war es Beckenbauer gelungen, aus dem vorhandenen Spielerpotential eine Mannschaft zu entwickeln und zu formen, über die er vor Beginn der Weltmeistermannschaft in Italien sagte: „Wir können Weltmeister werden.

1990: Deutschland holt mit Beckenbauer als Teamchef den dritten WM-Titel

Deutschland gewann die Weltmeisterschaft mit einem von Andreas Brehme im Finale von Rom verwandelten Foulelfmeter mit 1: 0 und der Perfektionist Beckenbauer hatte erreicht, was vor ihm und danach nur zwei ehemalige Spieler und Trainer erreichen sollten: Er wurde Weltmeister als Spieler und als Trainer.

Die anderen beiden, die dies ebenso erreicht haben, sind Mario Zagalo, der Brasilianer, auch der Zauberer genannt, der noch mit Pelé 1958 in Schweden zusammengespielt und 1970 in Mexiko als sein Trainer die Weltmeisterschaft gewonnen hatte und Didier Deschamps, der momentane französische Nationaltrainer.

Nach dem Gewinn des WM-Titels trat Beckenbauer als Nationaltrainer zurück

Nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft 1990 in Italien war für Franz Beckenbauer der Zeitpunkt des Aufhörens gekommen. Das konnte man, wenn man Franz Beckenbauer etwas näher kannte, bereits zuvor erahnen, schließlich kam es auch so. Denn Beckenbauer hatte diese Verhaltensweise auch schon als Spieler gezeigt: dann aufzuhören, wenn Du am erfolgreichsten bist und den Zenit erreicht oder eventuell bereits überschritten hast.

Alles was danach kommt, könnte in Quälerei und Misserfolgen enden, die das Bild des Erfolgreichen und Schillernden im Nachhinein entweder beschädigen oder gar zerstören könnten.

Neue Rolle: Funktionär bei Bayern München

Nach 1990 brachte er sich bei seinem Heimatclub Bayern München als Funktionär ein und war jahrelang Präsident des Vereins. Zweimal noch schlüpfte er bei Bayern München in die Rolle des Trainers: In der Saison 1993/94, als die Mannschaft schließlich am Ende der Spielzeit die Meisterschaft gewann. Und 1995/96, für drei Wochen, nachdem abzusehen war, dass die Meisterschaft nicht mehr zu gewinnen war und man zumindest die anstehenden zwei Finalpartien um den UEFA-Cup gegen Girondins Bordeaux gewinnen wollte.

Und so warf man Otto Rehhagel unsanft aus dem Traineramt und die Mannschaft des FC Bayern München gewann tatsächlich den UEFA-Cup mit ihrem Trainer für drei Wochen, Franz Beckenbauer. Man sollte zur Ehrenrettung Otto Rehhagels anmerken, dass man den UEFA-Cup wahrscheinlich auch mit ihm gewonnen hätte, denn immerhin hatte er die Mannschaft bis dahin als Trainer betreut und ins Endspiel geführt.

Bewerbung um die Fußball-WM 2006

Für die Weltmeisterschaft 2006 hatte der Deutsche Fußballbund seine Bewerbung eingereicht, doch Deutschland wurden wenig Chancen eingeräumt, das Turnier zugesprochen zu bekommen, denn Blatter wollte das Turnier erstmals nach Afrika vergeben.

Da man in Deutschland, auch politisch gewollt, diese Weltmeisterschaft aber unbedingt erneut ins Land holen wollte, brauchte man einen Fußball-Außenminister, der den personifizierten Erfolg verkörperte.

Beckenbauer fungierte als Deutschlands Fußball-Außenminister – und gewann erneut

Daher bot man Franz Beckenbauer an, ein Team zu formen, um weltweit für Deutschland als Ausrichter der Weltmeisterschaft 2006 zu werben. Beckenbauer konnte wieder nicht NEIN sagen, wobei man ehrlicherweise betonen muss, dass der Job trotz aller Strapazen enorm reizvoll war.

Und so bereiste Franz Beckenbauer mit seinem Team die Erdkugel, legte unzählige Flugkilometer zurück und brachte sich persönlich so intensiv in die Bewerbungskampagne ein, dass zwei Tage vor der Auslosung des Gastgeberlandes angeblich nur noch eine Stimme für einen erfolgreichen Zuschlag für Deutschland fehlte.

Deutschland bekam knapp den Zuschlag für die Weltmeisterschaft

Das Ergebnis der Auslosung ist hinlänglich bekannt. Wie es letztendlich dazu kam, kann sich jeder, der sich auch nur ein wenig mit den damaligen Gegebenheiten auskennt, an fünf Fingern abzählen.

Fakt ist, dass Franz Beckenbauer mit seiner aufopferungsvollen Tätigkeit zum erfolgreichen Gelingen der Bewerbung um die Fußball-WM 2006 für den Deutschen Fußballbund und für Deutschland insgesamt Hervorragendes geleistet hat und damit den Höhepunkt seiner Karriere erreicht hatte.

Franz Beckenbauer: Vom “Nationalen Sonntagskind” zum Sündenbock

In Anspielung auf seine bisher eigentlich nur durch Erfolge gezeichneten Karriere als Fußballer und Trainer, sprach man nach der von ihm hauptamtlich getragenen Bewerbungskampagne vom ‚Nationalen Sonntagskind‘.

Deutschland erlebte im Jahr 2006 ein ‚Sommermärchen‘, von dem lange danach nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit geschwärmt wurde. Das Land zeigte sich von seiner besten Seite und warb mit dem Slogan „Zu Gast bei Freunden“ – so war es auch.

Franz Beckenbauer war nach der erfolgreichen Bewerbungskampagne und während der Spiele Chef des WM-Organisationskomitees und besuchte in den vier Wochen andauernden Weltmeisterschaft 48 von 64 Spielen, er war also bei mehr als zwei Drittel der Fußballspiele persönlich anwesend, eine körperliche und geistige Tortur.

Berufung ins FIFA-Exekutivkomitee

Nach der WM in Deutschland wurde er ins FIFA-Exekutivkomitee gewählt und saß von nun an für Deutschland und den DFB an den Stellschrauben des Entscheidungsgremiums der FIFA.

Dann brachte das Magazin Der Spiegel den Stein ins Rollen, der das Leben Franz Beckenbauers verändern sollte. Das Narrativ vom “gekauften Sommermärchen” brach sich Bahn, von schwarzen Kassen und einem Vertrag mit Jack Warner über 6,7 Mio. Euro. Stimmenkauf also? Angeblich soll ein Kredit vom ehemaligen Adidas-Chef Dreyfuss den Geldfluss an Beckenbauer in Gang gebracht haben, der ihn wiederum an Warner weitergereicht haben soll.

Dies sind Behauptungen, die aufgestellt wurden und bis heute trotz staatsanwaltlicher Ermittlungen final nicht bewiesen werden konnten. Aber eines hat man damit erreicht: Man hat die Person Franz Beckenbauer beschädigt, wobei jeder, der sich mit dem internationalen Fußball und speziell mit der FIFA beschäftigt, sehr gut weiß, welch Haifischbecken diese Organisation damals war und bis heute ist. Es war bekannt, dass zur damaligen Zeit derart große und wichtige Sportevents nur mit Schmiergeldzahlungen zu holen waren. Trotzdem hat es die deutsche Presse nicht unterlassen, die Person Franz Beckenbauer zu diffamieren und unter Generalverdacht zu stellen.

Die übertriebene Skandalisierung hatte Franz Beckenbauer nicht verdient

Diese übertriebene Skandalisierung hatte Franz Beckenbauer nicht verdient, denn aufgrund dieser Anschuldigungen wurde er zum Gesicht der Korruption. Es wäre seitens der Politik mehr als honorig gewesen, diese Heuchelei zu beenden, sich hinter Beckenbauer zu stellen und sich selbst zu bezichtigen, aber dafür fehlte wohl der Mut.

Diese psychische Belastung hat Franz Beckenbauer letztlich schwer zugesetzt, ganz abgesehen davon, dass sein Sohn Stephan, der Jugendtrainer bei den Bayern war und der das einzige Kind Beckenbauers war, der sein fußballerisches Talent geerbt hatte, im Jahr 2015 infolge eines Gehirntumors verstorben war. Diesen Verlust hat Franz Beckenbauer nie verwunden.

Die Moralische Infragestellung des Franz Beckenbauer

Trotz seiner moralischen Infragestellung hinsichtlich der WM-Vergaben nach Russland 2018 und Katar 2022, wo man ihm Käuflichkeit bei der Stimmenvergabe als FIFA-Funktionär vorgeworfen hat, hätte man eine gewisse Fairness im Umgang mit ihm erwarten dürfen.

Franz Beckenbauer hat sich nach all diesen Anschuldigungen in der Öffentlichkeit rar gemacht. Die seit 2015 im Zentrum der Ermittlungen stehenden Untersuchungen zum Sommermärchen 2006 gegen ihn und weitere drei DFB-Funktionäre wurden im April 2022 fallen gelassen. Somit sind die Vorwürfe gegen ihn verjährt, doch sein Lebenswerk ist schwer überschattet und beschädigt. Auch das von vielen Menschen so geliebte Sommermärchen WM 2006 in Deutschland ist nun mit einem schalen Beigeschmack versehen.

Beckenbauer: Für immer unvergessen und auf ewig “Kaiser” des deutschen Fußballs

Leider hat es Franz Beckenbauer in der Phase der Anschuldigungen zu lange versäumt, ein klares Statement abzugeben; die anwaltlichen Beratungen dazu ließen ihn wahrscheinlich zu sehr schwanken und das Wegducken hat mit Sicherheit nicht unbedingt zur Verbesserung seines bereits angeschlagenen Gesundheitszustandes beigetragen. Dazu blieb zu vieles unausgesprochen und ungeklärt.

Nach zwei Herz-Operationen, dem Verlust der Sehkraft auf einem Auge und den typischen Beschwerden physischer Natur nach einer solch langen Profikarriere als Fußballer hat uns der Deutsche Fußballkaiser, dem wir als Fußball-Deutschland so viel zu verdanken haben, am 7. Januar 2024 für immer verlassen. Für uns wird er immer der ‚Kaiser‘ und unvergessen bleiben. Bleibt nur zu hoffen, dass sich die Öffentlichkeit dessen besinnt und ihm ein würdiges Andenken widmet.

 

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