Kein Investoreneinstieg bei der DFL: Erdrutschsieg für deutsche Fanszenen

Das von der DFL verkündete Ende der Verhandlungen um einen Investoreneinstieg darf als erdrutschartiger Sieg der deutschen Fanszenen im Kampf gegen die übermäßige Kommerzialisierung des Fußballs angesehen werden. Die aktiven Fangruppen sehen sich in ihrer Position enorm gestärkt – und werden sicher auch zukünftig mehr Einfluss einfordern. Was das mit dem Verhältnis zwischen Liga, Vereinen und Anhängern machen wird, ist derzeit noch schwer einzuschätzen.


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Text: Björn Leffler

 

Das internationale Medienecho war groß am gestrigen Mittwoch, als die DFL den Stopp der Verhandlungen um den Einstieg eines Investors verkündete. Ein reichlich zerknirschter Hans-Joachim Watzke, Sprecher des DFL-Präsidiums, begründete den Schritt in einer offiziellen Mitteilung wie folgt: “Der deutsche Profifußball steht inmitten einer Zerreißprobe. Die Tragfähigkeit eines erfolgreichen Vertragsabschlusses im Sinne der Finanzierung der 36 Clubs kann in Anbetracht der Umstände im Ligaverband mit seinen 36 Mitgliedsclubs nicht mehr sichergestellt werden.

Die Schlagzeilen im Ausland gleichen sich. So schreibt der britische Guardian: “Deutsche Fußball Liga lässt nach Fanprotesten Plan zum Verkauf von Bundesliga-Anteilen fallen”. Ähnlich umschreibt es das Portal France24: “Bundesliga-Investor-Deal nach Fan-Protesten gescheitert”, und das spanische Blatt Marca titelt: “Die Bundesliga macht nach Fanprotesten einen Rückzieher: keine privaten Kapitalgeber.”

Im Dezember 2023 hatten 36 Vereine über den Investoren-Deal abgestimmt

Im Dezember 2023 war über den Milliarden-Deal von den 36 Proficlubs der 1. und 2. Bundesliga abgestimmt worden, welcher von den Fans als äußerst kontrovers betrachtet wird. Die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit wurde damals nur knapp erreicht – mit einer Stimme Mehrheit. Es besteht der Verdacht, dass es bei dieser Abstimmung aufgrund der umstrittenen Rolle von Hannover-Geschäftsführer Kind möglicherweise zu einem Verstoß gegen die 50+1-Regel gekommen sein könnte. Diese Regel soll den Einfluss externer Geldgeber bei Clubs der ersten und zweiten Liga begrenzen.

Ausschlaggebend für die nun doch überraschend eilige Entscheidung der DFL dürfte auch eine denkwürdige Diskussionsrunde in der TV-Sendung “Hart aber fair” gewesen sein, in der verschiedene Vertreter von Fangruppen ihre Sicht der Dinge nachvollziehbar dargelegt hatten – und bei der der ebenfalls anwesende Martin Kind argumentativ deutlich geschlagen wurde. Das Echo auf die Sendung war jedenfalls gewaltig – und zeigte vor allem große Sympathien für die Vertreter der Fangruppen.

Ist das Investoren-Aus auch das Ende der Fanproteste?

Thomas Kessen, der Sprecher des Fan-Dachverbands “Unsere Kurve”, äußerte sich gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung zurückhaltend bezüglich der möglichen Beendigung von Protesten in den Stadien nach dem gestoppten Investoren-Einstieg bei der Deutschen Fußball Liga. Er erklärte, dass es am Wochenende sicherlich das ein oder andere lustige Plakat geben werde. Jedoch bezweifelte er, dass es zu weiteren provozierten Unterbrechungen von teils über 30 Minuten kommen würde. “Ich wäre zumindest sehr überrascht, wenn das jetzt noch jemand macht”, so Kessen.

Im Deutschlandfunk wurde die Beendigung der Verhandlungen um einen Investoren-Einstieg mit der Überschrift “Spiel, Satz und Sieg für die Fans” beschrieben. Letztendlich war es demnach der Druck von der Basis aus, der effektiv genug war, um entsprechend Einfluss zu nehmen. Die Proteste der engagierten Fanszenen, die laut Umfragen von einer viel breiteren Bevölkerung geteilt wurden als nur von den aktiven Ultragruppen, haben ihre Wirkung gezeigt. Durch den Einsatz von Tennisbällen und zahlreichen anderen kreativen Aktionen haben sie ihr Ziel erreicht.

Erdrutschartiger Sieg der aktiven deutschen Fanszenen

Das Resultat der wochenlangen Störaktionen und Proteste dürfte wohl als erdrutschartiger Sieg der aktiven deutschen Fanszenen betrachtet werden. Ein Vorgang, der etwa in der ultrakommerzialisierten Premier League, die als finanziell erfolgreichste Fußball-Liga der Welt gilt, wohl unvorstellbar wäre. Die dortigen Fanszenen, die sich seit vielen Jahren über unbezahlbare Ticketpreise und immer weiter aufgefächerte Anstoßzeiten beklagen, dürften mit einer gehörigen Portion Neid auf die Durchsetzungsstärke der deutschen Fanszenen schauen.

Für die DFL-Führung wird klar sein, dass das Thema Investoreneinstieg für die kommenden Jahre vom Tisch sein dürfte. Wenn überhaupt muss ein solches Szenario von vornherein anders kommuniziert und deutlich transparenter durchgeführt werden. Doch die Angst der Vereine vor neuerlichen Protesten der Fangruppen dürfte vorerst viel zu groß sein, um das Thema ein drittes Mal aufzurollen. Die Fans dürfen sich in ihrer Position deutlich gestärkt sehen – und werden ganz sicher auch zukünftig mehr Einfluss einfordern. Was das mit dem Verhältnis zwischen Liga, Vereinen und Anhängern macht, ist derzeit noch schwer einzuschätzen.

 

Quellen: Fuldaer Zeitung, The Guardian, France24, Neue Zürcher Zeitung, Hart aber Fair, Deutschlandfunk, DFL

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