Enttäuschung in Nürnberg – Hertha BSC ist derzeit nur Mittelmaß

Hertha BSC hat es am vergangenen Sonntagnachmittag beim 1. FC Nürnberg verpasst, sich weiter in der oberen Tabellenhälfte der zweiten Liga festzusetzen. Die fehlende Widerstandskraft, mangelnde Spielkontrolle und zu selten vorhandene Souveränität zeigt, dass die Kluft zu den Mannschaften mit Aufstiegsambitionen derzeit noch zu groß ist.

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Text: Wolfgang Leffler

 

Hertha BSC hat es am vergangenen Sonntagnachmittag beim 1. FC Nürnberg die Chance verpasst, sich weiter in der oberen Tabellenhälfte der zweiten Liga festzusetzen. Dabei schien die Ausgangslage so schlecht nicht, denn immerhin rangierten die Berliner in der Tabelle vor dem Gegner und rückblickend auf die beiden letzten Auswärtsauftritte in Kiel und auf Schalke, die man jeweils siegreich gestalten konnte, waren die Hoffnungen der zahlreich mitgereisten Anhänger groß, dass Hertha BSC auch in Nürnberg dementsprechend erfolgreich nachlegen würde.

Aber diese Hoffnung erwies sich letztendlich als Trugschluss, denn die Mannschaft war speziell in der zweiten Hälfte nicht in der Lage, die durch Prevljak in der 15. Minute erzielte Führung ins Ziel zu bringen. Dabei ist die Effizienz, die Hertha BSC im Angriff an den Tag legt, in der 2. Liga unerreicht, denn die Abschlüsse und Assists von Tabakovic, Prevljak und Reese belegen eine hohe Produktivität, die bei den bisher eingefahrenen vier Siegen gereicht hat.

Hertha BSC: Im Angriff ausgesprochen effizient

Aber dem gegenüber stehen auch sechs Niederlagen, die die Schwachstellen im Team, speziell an ‚schlechteren Tagen‘, deutlich offenlegen. Es fehlt nach wie vor eine echte Zehn, die seit der Verletzung von Palko Dardai nicht annähernd wieder besetzt werden konnte, denn Prevljak, der als hängende Spitze diese Position übernehmen sollte, fehlt es an Schnelligkeit und Kreativität und darüber hinaus war auch zu erkennen, dass er beim Pressing nicht die erforderliche Aggressivität und somit oft das Nachsehen hatte.

Da drängt sich dem Betrachter die Frage auf, was mit Jeremy Dudziak los ist, der in einigen Spielen mit seinen technischen Möglichkeiten gezeigt hat, dass er diese Position ausfüllen könnte. Und auch die nach wie vor zu späten Einwechslungen des schwedischen Nationalspielers Hussein, den man extra für diese Zehner-Position geholt hat, werfen Fragen auf.

Vor allem die zweite Hälfte in Nürnberg hat große Defizite offenbart

Die Spielentwicklung in der zweiten Halbzeit in Nürnberg hat leider auch offenbart, dass die Defensive bei weitem nicht so stabil ist, wie bislang vermutet. Es hapert vor allem auf den Außenverteidigerpositionen, wo sich bei Kenny und Karbownik Licht und Schatten permanent abwechseln.

Die Innerverteidiger Leistner und Kempf stehen noch recht stabil und versuchen oft, mit letztem Einsatz auszubügeln, was ihre Vorderleute vorher nicht bereinigen konnten. Torhüter Tjak Ernst kann man eine gute Leistung bescheinigen, der mit dem gehaltenen Elfmeter Hertha in der ersten Halbzeit noch im Spiel gehalten hatte, auch wenn er beim dritten Tor etwas unglücklich aussah.

Fataler Fehlpass: Andreas Bouchalakis fehlt noch die nötige Souveränität im Spiel

Die beiden Sechser im defensiven Mittelfeld, Marton Dardai und Andreas Bouchalakis, strahlen jedoch bei weitem nicht die Kompaktheit aus, die man auf diesen Positionen benötigt. Bouchalakis hat mit seinem viel zu lasch gespielten Querpass auf Marc Oliver Kempf zudem dafür gesorgt, dass Kempf in einen Zweikampf gezwungen wurde, der letztendlich zum Platzverweis und der roten Karte geführt hat.

Bei Bouchalakis drängt sich einem die Frage auf, ob man ihn nach dem Länderspieleinsatz gegen die Niederlande nicht lieber erst einmal auf der Bank gelassen hätte, denn er wirkte müde und hat in Sachen Schnelligkeit grundsätzlich Defizite.

Hertha BSC hat in der zweiten Hälfte vor allem das nötige Tempo vermissen lassen

Und genau dieses Tempo hat Hertha BSC in der zweiten Halbzeit vermissen lassen, obwohl man eigentlich bei den Sprints im Ligadurchschnitt mit ganz oben liegt. Zudem hatten die Spieler des 1. FC Nürnberg unter der Woche noch mit einer Grippewelle zu kämpfen. Daher ist die zweite Halbzeit, die man wohl im Verwaltungsmodus über die Bühne bringen wollte, umso enttäuschender.

Erst mit den Tempo-Einwechslungen – Winkler, Bence Dárdai und Scherhandt – erspielte sich Hertha wieder mehr Chancen und hätte mit dem Lattentreffer von Scherhandt fast den Anschlusstreffer erzielt. Damit hätte man das Blatt womöglich noch wenden oder zumindest einen Punkt aus Nürnberg mitnehme können.

Hertha BSC ist noch nicht gut genug, um tatsächlich oben anzugreifen

Aber dafür war es dann zu spät und es verhärtete sich nach dem Schlusspfiff der Eindruck, dass Hertha BSC doch noch nicht so gut ist, wie es der Aufwärtstrend der letzten Wochen vermuten ließ. Die vielen Ungenauigkeiten im Spielaufbau und Unkonzentriertheiten im Spiel insgesamt waren insgesamt zu viel und stellen den Trainerstab um Pál Dárdai jetzt vor die Aufgabe, diese Dinge schnellstmöglich zu verbessern.

Vielleicht sollte die sportliche Führung bei Hertha BSC darüber nachdenken, in der Winterpause für die Zehner-Position des Spielmachers noch einmal nachzulegen – wenn es die finanziellen Möglichkeiten denn hergeben.

Die Kluft zu den Teams aus Hamburg ist derzeit noch sehr groß

So wie das Spiel am Sonntagnachmittag im Nürnberger Max-Morlock-Stadion gelaufen ist – mit einer erschreckend fehlenden Widerstandskraft, wenig Spielkontrolle und mangelnder Souveränität – wird es nichts mit den unterschwellig vorhandenen Hoffnungen, im Kampf um den Aufstieg eventuell doch noch eine Rolle spielen zu können. Dafür ist die Dominanz der norddeutschen Clubs aktuell zu erdrückend, was nicht zuletzt im Heimspiel gegen den FC St. Pauli mehr als deutlich wurde.

Realistisch betrachtet ist Hertha BSC in der zweiten Liga derzeit nur Mittelmaß, was der Tabellenplatz 10 nach zehn gespielten Partien auch belegt. Nun sollte man aus dem Nürnberg-Spiel die richtigen Lehren für die anstehende Heimpartie gegen den FC Paderborn ziehen, um den Abstand in der Tabelle zu den oberen Rängen nicht weiter anwachsen zu lassen. Dass eigentlich genügend Potential in der Mannschaft vorhanden ist, hat das Team im bisherigen Saisonverlauf bereits gezeigt, doch noch zeigt die Mannschaft zu große Leistungsschwankungen.

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