Die Austragung des DFB-Pokalfinals im Berliner Olympiastadion ist seit mittlerweile 38 Jahren der unumstrittene Saison-Höhepunkt im deutschen Vereinsfußball. Doch wie kam es eigentlich dazu, dass das Pokalfinale dauerhaft an die Stadt Berlin vergeben wurde? Denn vor 1985 wechselte der Austragungsort des Endspiels noch jedes Jahr.
© Fotos: GOOLAZO BERLIN
Text: Wolfgang Leffler
Viele der deutschen Fußballfans träumen jedes Jahr erneut vom Erreichen des DFB-Pokalfinales in Berlin, und so kann man bereits bei der ersten Pokalrunde im August jeden Jahres – vorausgesetzt man erreicht die zweite Runde – den Song „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“ auf den Fußballplätzen sowie in den Stadien landauf und landab von den Fans lautstark intoniert vernehmen.
Inzwischen hat sich dieses Liedgut tief in das Gedächtnis der Fans eingegraben, so dass man sich – wenn es um den nationalen Pokalwettbewerb geht – kaum noch vorstellen kann, dass das Endspiel des DFB-Pokals in einem anderen Stadion oder in einer anderen Stadt ausgetragen wird.
In diesem Jahr wird das DFB-Pokalfinale zum 38. Mal in Folge in Berlin ausgetragen
Es geht mittlerweile von diesem Wettbewerb eine gewisse Magie aus, die natürlich im direkten Zusammenhang steht mit Berlin als deutscher Hauptstadt und dem architektonisch außergewöhnlichen Olympiastadion, welches alljährlich einen würdigen Rahmen für das Finale bildet. Das “Berliner” DFB-Pokalfinale wird in diesem Jahr seine 38. Auflage erfahren und viele Fußball-Fans, vor allem die jüngeren, wissen vielleicht gar nicht, dass das nicht immer so war.
Der deutsche Fußball-Vereinspokal wurde im Jahr 1935 als nationaler Wettbewerb ins Leben gerufen, das erste Finale fand im Düsseldorfer Rheinstadion statt. 1936 wurde der Pokalwettbewerb dann ‚Tschammerpokal` genannt, getreu dem damaligen Reichssportführer und Stifter der Trophäe, Hans von Tschammer und Osten.
Seit 1935 gibt es in Deutschland einen Fußball-Vereinspokal
Der Austragungsort dieses Vereinspokals, heute DFB-Pokal, wechselte jährlich und war eine Art Wanderveranstaltung, bis der Deutsche Fußball-Bund 1984 entschied, ab 1985 das Pokalfinale, zumindest für die nächsten fünf Jahre, in das damalige West-Berlin zu vergeben. Diese Entscheidung für Berlin und das altehrwürdige Olympiastadion wurde nicht überall mit Freude aufgenommen und wurde von einigen Fußballexperten durchaus kritisch kommentiert.
Die Hintergründe dieser Entscheidung für Berlin entsprangen allerdings schlicht und ergreifend dem politischen Kalkül der damaligen Bundespolitik. Die Vergabe hatte also weniger sportpolitische Gründe sondern wurde als eher als finanzielle Konzessionsentscheidung gewertet.
Berlin wurde als Spielort für die EURO 1988 nicht berücksichtigt – und bekam stattdessen das Pokalfinale
Fakt war, dass bei der geplanten Austragung der Fußball-Europameisterschaft 1988 in West-Deutschland die Stadt West-Berlin mit dem Olympiastadion als Spielstätte nicht berücksichtigt wurde, wofür wohl hauptsächlich das Veto des Ostblocks verantwortlich war. West-Berlin als ‚selbständige politische Einheit‘ galt den Führern des Sozialismus noch immer als Dorn im Auge und die Bundesrepublik Deutschland hätte wohl den Zuschlag zur Austragung der Europameisterschaft nicht erhalten, hätten die Organisatoren an West-Berlin festgehalten.
Und so meinte man dem ‚Bauernopfer West-Berlin‘ ein Trostpflaster mit der Austragung der DFB-Pokalendspiele – vorerst für die folgenden fünf Jahre – zukommen lassen zu müssen. Besonders gute Freunde hat man sich seitens des DFB in West-Berlin damit allerdings nicht gemacht und der damalige DFB-Präsident Hermann Neuberger war seitdem in Berlin nicht gut gelitten, denn die Berliner Landesregierung hatte fest damit gerechnet, Austragungsort des prestigeträchtigen Turniers zu werden.
“Deutsches Wembley”: Schnell wurde aus den Pokalendspielen in Berlin eine geliebte Tradition
Dass der DFB mit der Vergabe der Endspiele in die damals geteilte Stadt eine Art “deutsches Wembley” schaffen wollte, also eine Heimstätte für den nationalen Pokalwettbewerb, darf tatsächlich bezweifelt werden. Aber die Stadt Berlin und die Spielstätte Olympiastadion haben sich gegen anfängliche Bedenken und Widerstände schnell durchgesetzt und innerhalb weniger Jahre dafür gesorgt, dass die jährlichen Pokalendspiele in Berlin zu einer geliebten Tradition geworden sind.
So wurden es dann deutlich mehr als die ursprünglich geplanten fünf Jahre, hinzu kam im Jahr 1989 noch der Fall der Berliner Mauer. Damit bekam der Austragungsort Berlin nochmal ein ganz anderes Gewicht. Spätestens seit der 2004 abgeschlossenen und umfangreichen Sanierung des Olympiastadions zu einem der modernsten und schönsten Stadien Europas hat der DFB wohl erkannt, dass Berlin als Austragungsort des Pokalfinales nicht mehr wegzudenken ist.
Berlin erwirtschaftet durch das Pokalfinale jährlich eine Rendite von 50 Mio. Euro
So gesehen, war die anfängliche Kritik an der Entscheidung des DFB für Berlin als permanenten Austragungsort des DFB-Pokalfinals unbegründet und der Endspielort Berliner Olympiastadion hat dem DFB-Pokalwettbewerb doch eine gewisse Faszination und Ausstrahlung verliehen. Auch für die deutsche Hauptstadt dürfte die Entscheidung aus finanzieller Hinsicht deutlich lukrativer gewesen sein als die Austragung weniger Spiele im Rahmen der EURO 1988.
Durch die jährliche Austragung des DFB-Pokalfinales in Berlin wird eine Stadtrendite in Höhe von rund 50 Millionen Euro erwirtschaftet, denn zum Endspiel reisen zehntausende Gäste an, wodurch auch das Hotelgewerbe und die Gastronomie stark profitieren. Eine Einnahmequelle, auf die die Stadt heute sicher nur ungern verzichten würde. Aber das konnte im Jahr 1984 natürlich noch niemand ahnen.
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Quellen: DFB, Der Tagesspiegel, Olympiastadion Berlin GmbH, Kicker
Dass sich der frühere BFV-Präsi Otto Höhne besonders einsetzte, dass Berlin als Finalort fix ist, hättet ihr aber angesichts seines jüngst zu betrauernden Todes auch ruhig erwähnen können.